452 MH. Abschn, Zahlungszeit. 7. Kap.: Verwirkung.
nichts abgedungen werden kann, so darf man in Erinnerung an die
Ergebnisse dieses und der beiden vorigen Kapitel jenen $ 394 im
Verhältnis zu seinem Umfang als einen der inhaltreichsten, und in
Anbetracht der durch ihn begünstigten Personen als einen der zweck-
mäfsigsten des BGB. bezeichnen.
Innerhalb der im vorstehenden erörterten Kinbehaltung zur
Kaution, insbesondere von der Einbehaltung zur Sicherung einer ver-
abredeten Strafe läfst sich noch unterscheiden die Einbehaltung zur
Ermöglichung einer verabredeten Strafe, wo nämlich diese Strafe
in Verwirkung besteht. Die im Dienste der Verwirkung stehende
Einbehaltung kann erst im folgenden, von der Verwirkung handelnden
Kapitel zur Darstellung kommen; durch ihre Erörterung wird die der
kautionalen Einbehaltung vervollständigt werden.
Siebentes Kapitel.
Verwirkuneg.
I. Die Verwirkung, nämlich die Verwirkung der Vergütung oder
Lohnverwirkung! hängt mit allen in den drei vorigen Kapiteln
abgehandelten Gegenständen — Aufrechnung, Zurückbehaltung und
Einbehaltung — den Voraussetzungen nach in einem Punkte zu-
sammen, der ihre hiesige Koordination rechtfertigt. Die gemeinsame
Voraussetzung der Möglichkeit oder der Wirksamkeit dieser vier
Phänomene ist eine gewisse Lage der Zahlungszeit, und zwar ihre
regelmäfsige Lage, m. a. W. die Regel, dafs der Arbeitnehmer mit
seiner Arbeitsleistung vorangehen muls, dafs für die Vergütung Post-
numeration gilt (S. 397).
Mit Verwirkung bezeichnet man nicht, wie mit Aufrechnung,
Zurückbehaltung und Einbehaltung, einen Thatbestand von gewisser
Rechtswirkung, sondern nur eine gewisse Rechtswirkung, Die Ver-
wirkung ist totale oder partielle Vernichtung der Lohnforderung ohne
einen Aufwand des Arbeitgebers und ohne den Willen des Arbeit-
nehmers, Wenn bei der Vollziehung des Arbeitsvertrags der Arbeit-
geber mit seiner Leistung, der Lohnzahlung, vorangehen müßte, so
könnte diese Verwirkung nicht eintreten, da dann die mit dem Ver-
tragsschlufßs entstandene Lohnforderung durch die Zahlung alsbald
getilet wäre, so dal von späterer Vernichtung der Lohnforderung
ı Von anderen Anwendungen und von der allgemeinen Natur der Ver-
wirkung handelt Blumenstein, Verwirkung und Ablauf der Befristung
(Bern 1901).