454 IL Abschn. Zahlungszeit. 7. Kap.: Verwirkung.
behaltung den Effekt haben, dafs der Arbeitnehmer zur Befriedigung
des Arbeitgebers bewogen werde. Vielmehr gewährt die Verwirkung
dem Arbeitgeber einen Vorteil unmittelbar dadurch, daß sie die ihm
obliegende Lohnschuld verringert, d.h. nicht zu ihrem normalen Um-
fang gelangen oder sie wieder untergehen läßt!. .
Während sodann Aufrechnung, Zurückbehaltung und Einbehaltung
vom Arbeitgeber vorgenommen werden müssen, durch Erklärung
oder durch willentliche Unterlassung, geht die Verwirkung ohne
Zuthun des Arbeitgebers vor sich. Eine Erklärung des Arbeitgebers
ist nicht erforderlich, wenn sie nicht unter die Voraussetzungen der
Verwirkung aufgenommen wurde. Sonst und gewöhnlich hat die Er-
klärung des Arbeitgebers nur deklarative Bedeutung, sie kon-
statiert, dafs eine Verwirkung eingetreten ist, oder sie giebt kund,
daß er von dem Vorteil Gebrauch machen wolle, den die ohne sein
Zuthun eingetretene Verwirkung ihm gewährt hat.
Von der Aufrechnung und der Zurückbehaltung unterscheidet
sich die Verwirkung- dadurch, dal jene beiden auf gesetzlicher Ver-
leihung beruhen, diese regelmäfsig nicht. Der Arbeitgeber, welcher
aufrechnen oder zurückbehalten will, bedarf nicht einer ihn dazu er-
mächtigenden Privatdisposition, er kann aufrechnen ‚oder zurückbehalten
ohne hierauf gerichtete Ausbedingung. Dagegen die Geltendmachung
der Verwirkung steht dem Arbeitgeber nur in wenigen Ausnahme-
fällen von Rechts wegen zu, kraft Gesetzes? In allen anderen Fällen,
also in der Regel, kommt es zur Verwirkung nur auf Grund einer
sie festsetzenden Privatverfügung. Diese bestimmt die that-
sächlichen Voraussetzungen und den Umfang der Verwirkung. Hierin
1 z. B. Fabrikordnung des „Bremer Vulkan, Schiffbau und Maschinen-
fabrik“ 8 7: „Es darf kein Arbeiter ohne schriftliche Erlaubnis des Meisters.
die Werft während der Arbeitszeit verlassen. Zuwiderhandlungen werden
mit Cassierung des Tagesverdienstes bestraft.“ — Vgl. Neukamp in
Verwaltungsarchiv V, 226. ;
2 Gesetz betr. die Pflichten der Kaufleute u. s. w. (Depotgesetz) $ 6:
„Der Kommissionär, welcher den in $ 5 ihm auferlegten Pflichten nicht ge-
nügt, verliert das Recht, für die Ausführung des Auftrages Provision
zu fordern.“ SeemO. 8182: „In den Fällen der beiden letzten Absätze des
881 verliert der Schiffsmann, wenn er vor Abgang des Schiffes weder zur
Fortsetzung des Dienstes? freiwillig zurückkehrt, noch zwangsweise zurück-
gebracht wird, den Anspruch. auf die bis dahin verdiente Heuer...“
8 105: „Der Schiffsmann darf den Schiffer vor einem fremden Gericht nicht
belangen. Handelt er dieser Bestimmung zuwider, so ist er nicht allein für
den daraus entstehenden Schaden verantwortlich, sondern er wird aufserdem
der bis dahin verdienten Heuer verlustig.“