Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

VI. „Abzüge“, — Mittellosigkeit d. A-nehmers für u. gegen d. A-geber. 465 
zurückbleibt infolge exceptioneller Nichtleistung der Arbeit, welche 
nicht unter BGB. 8 616 fällt (z. B. blauer Montag); 5. in Fällen, in 
denen gewisse Beträge auf die vereinbarte Vergütung „angerechnet“ 
werden, z. B. BGB. $$ 615. 616, 649 (S. 415%); 6. bezeichnet mau 
allgemein als Lohnabzug auch die vereinbarte oder die vom Arbeit- 
geber proponierte Herabsetzung eines bisher angewandten Lohnsatzes 
für künftige Arbeitsverträge. 
Seiner Mehrdeutigkeit wegen kann der Ausdruck „Abzug“ mit 
Bezug auf die Vergütung in juristischen Erörterungen des Arbeits- 
vertrags nur mit Vorsicht gebraucht werden. Diese Vorsicht ist auch 
darum erwünscht, weil nicht einmal die Distinktionen von Verwirkung, 
Einbehaltung, Zurückbehaltung und Aufrechnung, welche im An- 
schlufs an die Sprache der Quellen in diesem und den drei 
vorausgehenden Kapiteln dargelegt sind, in der Literatur und der 
Judikatur bisher beachtet wurden, woraus manche Verwirrung ent- 
standen ist. Der Beachtung dürfen sie aber nicht entbehren, wenn 
nicht praktisch bedeutende Differenzen verkümmern sollen. 
Die vier genannten verschiedenen Phänomene haben, worauf schon 
hingewiesen wurde, zur gemeinsamen Grundlage ‘die regelmäßige 
Postnumeration der Vergütung, eine Nachträglichkeit, die durch die 
Einbehaltung noch über die vom dispositiven Recht vorgesehenen 
Grenzen hinaus erstreckt wird. 
Wo es sich um Arbeitsverträge mittelloser Arbeitnehmer handelt, 
treffen jene vier Gebilde auch in einer sehr bemerkenswerten Gemein- 
schaft des Zweckes zusammen. Der ökonomische Vorteil nämlich, 
welchen dem mit Kapital ausgestatteten Arbeitgeber der Vollzug des 
Arbeitsvertrags gewährt, den er mit dem kapitallosen Arbeitnehmer 
geschlossen hat, ist an dessen Mittellosigkeit gebunden. Hierin zeigt 
diese Mittellosigkeit dem Arbeitgeber ihre Lichtseite. Sobald dagegen 
der Arbeitsvertrag nicht normal funktioniert, indem der Arbeitnehmer 
durch faktischen Abbruch des Verhältnisses oder durch fahrlässigen 
Vollzug des Vertrags oder durch böswilligen Milsbrauch der Gelegen- 
heit, in die Vermögenssphäre des Arbeitgebers einzugreifen, diesem 
einen Schaden zufügt, und bestände der Schade auch nur in der Ver- 
eitelung ferneren Gewinns: allsohald kehrt sich die Mittellosigkeit des 
Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, zeigt sie.ihm ihre Schattenseite. 
Denn nun mufs er zu seinem Nachteil empfinden, dafs er sich mit 
einem Kontrahenten der besitzlosen Klasse, mit einem insolventen 
Schuldner eingelassen hat, Die Mittellosigkeit, der er jenen ihm 
nach Bedingung und Erfolg günstigen Arbeitsvertrag zu verdanken hatte, 
so lange derselbe normal vollzogen wurde, wird jetzt zum Hindernis, 
Lotmar, Arbeitsvertrag. I. 30
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.