166 I. Abschn. Zahlungszeit. 7. Kap.: Verwirkung.
wenn es gilt, den Schaden zu ersetzen, der ihm abnormer Weise
zugefügt wurde. In dieser ökonomischen „Notlage“, wenn man so
sagen darf, greift nun der Arbeitgeber, um den Schaden’ möglichst
von sich abzuwenden, zum einzigen in seinen Händen befindlichen
Gut des Arbeitnehmers, zu dessen Lohnforderung, wie er sich auch
im voraus diesen Zugriff im Hinblick auf die gedachte Notlage erleichtert
oder offen hält. In solchem Zusammenhang steht es, daß er danach
trachtet, die Lohnzahlung vorläufig zu verweigern (Zurückbehaltung),
gegen die Lohnforderung aufzurechnen, den sonst fälligen Lohn ein-
zubehalten, oder die Lohnforderung als verwirkt zu behandeln. So
sucht er den Schatten der geltenden Wirtschaftsordnung von sich fern
zu halten, der von dem Lichte, das sie ihm spendet, nicht getrennt
werden kann.
Hat man sich einmal diesen gröfseren ökonomischen Zusammen-
hang klar gemacht, so kommt man nicht mehr in Versuchung, mit
moralischen Bedenken, die im gegebenen Fall einmal angebracht
sein können, oder mit juristischen Winkelzügen, die niemals angebracht
sind, die neuere gesetzgeberische Aktion zu bekämpfen, die, allerdings
durch Mitgefühl mit dem Arbeitnehmer angeregt, ernsthaft darauf be-
dacht ist, den Arbeitgeber die Gefahr der Mittellosigkeit des Arbeit-
nehmers tragen zu lassen, da er doch in der Lage ist, sich ihren
Nutzen zu verschaffen.