Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

III. Ökonomische und juristische Bedeutung. 473 
zogen ist, und je mehr dies der Fall ist, kann eine Bestimmung der 
Lieferzeit unterbleiben. Denn durch Fixierung des zeitlichen Verlaufs 
der Arbeit, ihrer Lage und ihres Umfangs wird von selbst der zeit- 
liche Spielraum für die Erbringung ihres Resultates dermafßsen ver- 
ringert, dafs das Bedürfnis der zeitlichen Fixierung dieses Resultates 
zurücktritt, 
Die Lieferzeit, als blofßs Akkorden, ja nur gewissen Akkorden 
eigentümlich, kann in diesem die Grundformen nicht gesondert dar- 
stellenden Bande nicht weiter verfolgt werden. Im folgenden Ab- 
schnitt (Kap. 2 Nr. VI) werden wir ihr noch einmal begegnen, da die 
Lieferungszeit bei manchen Akkorden auch noch die Funktion einer 
Endbestimmung der Vertragszeit ausüben kann. Ihre fernere recht- 
liche Bedeutung als Voraussetzung oder Anlafs des Verzugs zu be- 
handeln, mufßs dem zweiten Bande vorbehalten bleiben. Hier und in 
der Folge fassen wir unter dem Namen der Arbeitszeit schlechthin 
nur die Arbeitszeit engeren Sinnes ins Auge, denn diese ist, wie 
gesagt, eine Zeitbestimmung, welche sowohl im Zeitlohnvertrag als 
im Akkord eine Stätte findet. 
[II. Die Arbeitszeit ist in mehr als einer Hinsicht bedeutungsvoll. 
[Ihre faktische Bedeutung kommt vorzüglich bei ökonomischer oder 
politischer Erörterung ihrer gesetzlichen Beschränkungen zur Sprache 
und wird in einer umfangreichen Litteratur allseitig beleuchtet. Hier 
findet man im Hinblick auf den Arbeitnehmer die Arbeitszeit nach Dauer 
und Verteilung untersucht mit Bezug auf die Gesundheit (Überan- 
strenzung und Unfallgefahr) und die Freiheit (Disposition über die Zeit), 
auf die Güte und Größe des Ergebnisses, die Höhe des Lohnes. Die 
meisten dieser Seiten machen die Arbeitszeit auch für den Arbeit- 
geber bedeutungsvoll; aufserdem ist er an der Einhaltung einer ge- 
wissen Arbeitszeit da interessiert, wo er einer Mehrheit von Arbeit- 
aehmern gegenübersteht, deren Kooperation zur Erreichung der 
Arbeitswirkungen erforderlich ist?, oder wo er das Ergebnis der vom 
Arbeitnehmer verrichteten Arbeit zu bestimmter Zeit einem Dritten 
zuzuwenden verbunden ist. — Zur Kennzeichnung der juristischen 
Bedeutung der Arbeitszeit mag vorläufig auf folgendes verwiesen 
werden. Im Zweifel ist anzunehmen (BGB. 8 271 Abs. 2), dals der 
‘ 8. Handwörterb. d. Staatswiss. Artikel Arbeitszeit, Normalarbeitstag, 
Sonntagsarbeit. 
2 z, B. Webb, Theorie und Praxis der englischen Gewerkvereine I, 
293/94. Gnauck-Kühne, Lage der Arbeiterinnen in der Berliner Papier- 
warenindustrie S. 50.
	        
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