I. Gesetzliche Ermächtigung und Verpflichtung zur Regelung. 477
6. in BGB. $ 629, wonach der Arbeitgeber „nach der Kündigung
eines dauernden Dienstverhältnisses“ dem Arbeitnehmer „auf Verlangen
angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses
zu gewähren hat“. Die vom Arbeitgeber zu gewährende Zeit fällt in
die Arbeitszeit, da die Erholungszeit ohnedies zur Verfügung des
Arbeitnehmers steht. Es wird hier dem Arbeitgeber eine Beschränkung
der Arbeitszeit zur Pflicht gemacht.
Hierher glauben wir auch BGB. $ 618 Abs. 1 stellen zu müssen!,
obwohl darin nicht, wie in HGB. $ 62 Abs. 1 (oben Nr. 5), ausdrück-
lich von der Arbeitszeit die Rede ist. Denn nach der Erfahrung ist es
nicht bestreitbar, dafs Leben oder Gesundheit des Arbeitnehmers dadurch
gefährdet werden kann, dafs die Arbeit zu lange ausgedehnt, oder nicht
angemessen unterbrochen, oder auf ungeeignete Stunden verlegt wird.
Diese Gefahr kann dadurch hintangehalten werden, dafs der Arbeit-
geber, wo ihm die Anordnung oder Leitung der Arbeit zusteht (S. 93 fg.),
die Arbeitszeit in den angegebenen Beziehungen regelt. Wird
ihm daher überhaupt die Regelung der Arbeit („Dienstleistungen“)
behufs Abwendung abwendbarer Lebens- oder Gesundheitsgefahr zur
Pflicht gemacht, so begreift diese Regelung auch die der
Arbeitszeit.
Ebenso ist in 8 120 * und $ 120° GewO. ? die Regelung des Betriebes
auch auf die Regelung der Arbeitszeit zu beziehen. Dies
hat die wichtige Konsequenz, den Gewerbeaufsichtsbeamten gemäfs
GewO. $8 139», 147 Nr. 4 den gesetzlich gegründeten Einflufs auf
die vom Arbeitgeber zu bewirkende Regelung der Arbeitszeit er-
wachsener Arbeiter zu verschaffen, den jene Beamten vermissen?
i „Der Dienstberechtigte hat . . . Dienstleistungen, die unter seiner An-
ordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dafs der Ver-
pflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit so weit geschützt ist, als
die Natur der Dienstleistung es gestattet.“
2 GewO. 8 120%: „den Betrieb so zu regeln, dafs die Arbeiter gegen
Gefahren für Leben und Gesundheit so weit geschützt sind, wie es die Natur
des Betriebes gestattet“. 8 120c „bei der Regelung des Betriebs diejenigen
besonderen Rücksichten auf Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen, welche
durch das Alter dieser Arbeiter geboten sind“.
3 Bericht der badischen Fabrikinspektion für 1899 S. 24 gegenüber Be-
schwerden von Arbeitern über Nötigung, wöchentlich mehrmals 24- und 86-
stündige Schichten zu machen: „Es läfst sich hiergegen bei dem Mangel an
Vorschriften über die Arbeitszeit erwachsener männlicher Arbeiter nicht ein-
schreiten“. Amftl. Mitteil. aus d. Jahresberichten der Gewerbeaufsichtsbeamten
f. 1898 S. 121: Arbeiter, die 17stündige und längere tägliche Arbeitszeit haben
und „die Inspektionsbeamten fragten, ob hiergegen nicht von Gesetzes wegen
eingeschritten werden könnte, worauf sie nach dem gegenwärtigen Stande