Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

III. Den Umständen zu entnehmen. 
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oder in einem Tarifvertrag aufgestellten Regeln über die Arbeitszeit 
kann eine in den Arbeitsvertrag aufgenommene Bestimmung ab- 
weichen, nur wenn jene Regeln entsprechenden Spielraum gelassen 
haben (Abschn. VD. 
Ill. Wo und soweit es an einer generellen Ordnung (Regelung i. e. $.) 
der Arbeitszeit fehlt, kaun für den gegebenen Arbeitsvertrag oder 
für eine bestimmte Mehrheit solcher — wenn nämlich Arbeitsverträge 
mit mehreren Arbeitnehmern auf einmal abgeschlossen werden — 
eine Regelung im weitern Sinn. (S. 474) sich entweder aus den Um- 
ständen ergeben oder auf Vereinbarung der Parteien des Arbeits- 
vertrags oder endlich auf einseitiger Festsetzung einer Partei be- 
ruhen! Betrachten wir diese drei Wege einzeln. 
Daß die Zeit für die Vornahme der Arbeit, als Leistung aus dem 
Arbeitsvertrag, den Umständen zu entnehmen sein kann, wird durch 
BGB. 8 271 Abs. 1 und HGB. $ 59 a. E. vorgesehen. Aus den 
Umständen, namentlich aus dem bisherigen Brauch der Arbeitsstätte, 
aus der Natur des Arbeitsprozesses, oder aus dem Zweck der Arbeit 
kann sich ergeben etwa, dafs sie am Vormittag oder alsbald in Angriff 
zu nehmen, ununterbrochen fortzusetzen oder zeitweise einzustellen 
und bei einem gewissen Punkt zu endigen sei®. Der Kellner, dessen 
Arbeit in der Bedienung der Gäste besteht, macht sich durch den 
Arbeitsvertrag anheischig, diese Arbeit zu leisten, wann immer Gäste 
zu bedienen da sind, ohne Rücksicht auf den Unterschied von Sonn- 
und Werktag. Daß manche im Freien zu verrichtende Arbeit (Land- 
wirtschaft, Bauten) regelmäfsig mit Eintritt der Dunkelheit aufhört, 
entspricht ebenso einer generellen Ordnung (S. 478/9), als es im ge- 
gebenen Fall aus den Umständen folgt%. Hingegen hat der Heizer 
oder Maschinist einer Fabrikdampfimaschine, wenn der Fabrikbetrieb 
bei Nacht weitergeht, den Umständen nach auszuharren, bis ihm Ab- 
1 Damit „dafs eine bestimmte Arbeitsdauer für den Tag oder eine be- 
stimmte Feierabendstunde nicht vereinbart ist“, ist ihr Dasein nicht aus- 
geschlossen, und mit dem Berliner Gewerbegericht (Unger, Entscheidungen 
Nr. 22.1) „davon ausgehen, dafs bei einer Vereinbarung von Wochenlohn 
ohne Festsetzung der Arbeitszeit der Arbeiter seine gesamte Kraft in den 
Dienst des Arbeitgebers stellt“, würde eine Vernachlässigung anderer Quellen 
der Regelung bedeuten. 
2? So hat das Gewerbegericht in Berlin entschieden (Vorwärts vom 19. Aug. 
1900), dafs die tägliche Arbeit eines Werkmeisters mangels besonderer Ab- 
rede mit der der gewöhnlichen Arbeiter des Betriebes endige. 
3 8. jedoch z. B. Landarbeiter in den evangel. Gebieten II, 128: Rüben- 
mädchen, die bei weitem länger als 12—18 Stunden arbeiten, „oft sogar noch 
bis in die: Nacht beim Mondenschein“. 
Lotmar. Arbeitsvertrag, I.
	        
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