Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

IV. Mittelbare Ordnung (gesetzliche und vertragliche). 485 
erforderlichen „Einrichtungen und Anordnungen zu treffen“. Dals 
sich das Gesetz: an den Arbeitgeber wendet und zwar von ihm gewisse 
Anordnungen und Einrichtungen hinsichtlich der Arbeitszeit verlangt, 
geschieht eben in der Voraussetzung, dafs in dem fraglichen Arbeits- 
verhältnis die zeitliche Direktion der Arbeit ohnehin dem Arbeitgeber 
zukommt. Dals aber auch der vorhin vermutete Zusammenhang be- 
steht zwischen der Aufnahme in die häusliche Gemeinschaft und der 
erwähnten Direktion des Arbeitgebers, finden wir bestätigt durch 
HGB. 8 62 Abs. 2 (S. 472 vgl. 93?), wo wiederum gegenüber dem 
in die häusliche Gemeinschaft aufgenommenen Handlungsgehülfen dem 
Prinzipal auferlegt wird, in Ansehung der Arbeits- und Erholungszeit 
des Arbeitnehmers gewisse „Anordnungen“ und Einrichtungen zu 
treffen. 
IV. Die Ordnung der Arbeitszeit — mag es sich um Regelung 
engeren oder weiteren Sinnes handeln — bezieht sich nicht notwendig 
unmittelbar auf den Arbeitsvertrag, in dem sie zur Geltung kommt. 
Man kann vielmehr eine mittelbare Ordnung unterscheiden 
sowohl bei der gesetzlichen als bei der vertraglichen Regelung. 
Betrachten wir zunächst die gesetzliche. Hier hat man sich 
zu erinnern, daß von Arbeitszeit nicht nur im Zusammenhang mit 
einem Arbeitsvertrag gesprochen werden kann. Auch der Arbeit, die 
nicht auf Grund eines Arbeitsvertrags verrichtet wird, kann eine Zeit 
zugeschrieben werden; namentlich wer für sich arbeitet und wer nicht 
Erwerbsarbeit verrichtet, kann seine Zeit in Arbeitszeit und Er- 
holungszeit einteilen. Daher spricht man in nationalökonomischen 
Erörterungen von Arbeitszeit auch bei solchen Alleinbetrieben, in 
denen die Arbeit nicht Erfüllung eines Arbeitsvertrags ist oder sein 
mufs!; oder man beurteilt die lange Arbeitszeit verheirateter in 
Fabriken beschäftigter Frauen, indem man auf die Arbeit Rücksicht 
nimmt, die dieselben aufßserhalb der Fabrik noch in ihrer Haushaltung 
verrichten?. Obwohl der größte Teil der in den Kulturländern ge- 
leisteten Arbeit in Vollziehung von Arbeitsverträgen verrichtet wird 
(S. 2/3), so ist doch die Erinnerung daran, dafs die Arbeitszeit etwas 
über das Dasein von Arbeitsverträgen Hinausragendes ist, dem Ver- 
ständnis der Stellung förderlich, die der Gesetzgeber bei Regelung der 
Arbeitszeit in der GewO. meistenteils eingenommen hat. Sein Ziel, 
wenn es ihm um die Wohlfahrt arbeitender Menschen zu thun war, 
1 z. B. Lage des Handwerks II, 280. 
2 Soziale Praxis IX, 1299/1800, vgl. Bericht der badischen Fabrikinspek- 
tion für 1899-8. 90.
	        
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