Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

IX. Umwandlung natürl, Begrenzung in unbestimmte Vertragszeit, 537 
die entgegengesetzte Erscheinung hinzuweisen. Es kann nämlich ein 
natürlich begrenztes Arbeitsverhältnis sich in eines von unbestimmter 
Vertragszeit umwandeln, d. h. durch ein solches abgelöst werden. 
Dies beruht auf Privatdisposition oder auf Gesetz. Auf Privat- 
disposition, und zwar auf genereller, z. B. gemäls dem Deutschen 
Buchdruckertarif $ 36 Abs. 4 Satz 2: „Dauert die Aushülfskondition 
über vier Wochen, so tritt Kündigungszeit ein.“ Wenn ein Setzer 
zur Aushülfe, z. B. für ein Werk oder statt eines vorübergehend 
Kranken angestellt wurden ist, so endigt zwar die Vertragszeit mit 
der Vollendung des Werkes oder der Rückkehr des Genesenen. Hat 
sich aber die Vertragszeit über vier Wochen erstreckt, so hören die 
genannten Vorgänge auf, die Vertragsdauer zu begrenzen, und das 
Arbeitsverhältnis wird als eines von unbestimmter Vertragszeit be- 
handelt*. Auf dem gleichen Motive, nämlich der Umgehung der ge- 
meinen Kündigungsregeln vorzubeugen, beruhen die Bestimmungen 
von HGB. $ 69 und GewO. 8 1332c®, Die vorhin erwähnte Um- 
wandlung, d. h. die Ablösung des natürlich begrenzten, daher bezüg- 
lich der Vertragszeit bestimmten Arbeitsverhältnisses durch ein solches 
von unbestimmter Vertragszeit besteht hier darin, dafs die frühere 
natürliche Grenze mit Ablauf von drei Monaten ihre Bedeutung als 
Grenze der Vertragsdauer gänzlich verliert — die Erledigung des 
Pensums, die Erreichung des Zweckes wirkt nicht mehr endigend — 
und dafs das Arbeitsverhältnis einer Endbestimmung bedürftig 
wird, wenn es willentlich geendigt werden soll. 
Drittes Kapitel. 
Gesetzliche und vertragliche Endbestimmung. 
{. Die Endbestimmung der Vertragszeit (S. 525) rührt her ent- 
weder vom Gesetz, welchem hier Gewohnheitsrecht jeder Art gleich- 
ı Vgl. Gewerbegericht I, 36. Deutscher Buchdruckertarif nebst Kom- 
mentar (1899) S. 126. 
? „Wird ein Handlungsgehülfe (resp. ein höherer gewerblicher Angestellter) 
nur zu vorübergehender Aushülfe angenommen, so finden die Vorschriften des 
S 67 HGB. (resp. $ 13822 GewO.) keine Anwendung, es sei denn, dafs das 
Dienstverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fort- 
yesetzt wird.“ — Das faktische Definitivwerden des Interimistischen (der 
Aushülfe) und damit das Erlöschen der natürlichen Grenze kann nicht blofs 
im Arbeitsverhältnis der höheren Angestellten des Gewerbes vorkommen, 
sondern auch in dem der Gesellen und Gehülfen. Es bedarf eigentlich keiner 
gesetzlichen Normierung. Demgemäfs hat das Berliner Gewerbegericht er- 
kannt (Vorwärts vom 15. Juli 1897.
	        
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