Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

IV. Bedeutung der Länge der vertragsmäfsigen Zeit. 543 
tragszeit durch vertragliche Endbestimmung die Bestimmung der 
Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht erschöpft, und viele Arbeits- 
verhältnisse nicht mit solcher Endbestimmung versehen sind, so würde 
jene Vorschrift der Versicherungsgesetze ein zu geringes Anwendungs- 
gebiet haben, wenn man ihre Worte „vertragsmäfsige Dauer“ blofs 
auf vertragliche Endbestimmung beziehen wollte. — Gegenüber dem 
dargelegten Sprachgebrauch der Gesetze dürfen wir den Namen „ver- 
tragsmäfsige Zeit“ nicht allein für die Zeit zwischen der Vereinbarung 
und dem Eintritt des Endtermins in Anspruch nehmen. 
IV. Die Länge der zwischen Vereinbarung und Eintritt des 
Endtermins liegenden Zeit ist. zwar für das Wesen der vertraglichen 
Endbestimmung und für die Endigung der Vertragszeit belanglos, 
nicht aber in anderen Hinsichten. Von diesen anderen bleiben hier 
die ökonomischen aufser Betracht!. Was aber in rechtlicher Be- 
ziehung von jener Länge zu sagen ist, das kann zum Teil von der 
Länge der „vertragsmäfsigen Zeit“ im weiteren Sinne (S. 542) aus- 
gesagt werden. Für die rechtliche Bedeutung dieser Länge ist zu 
verweisen: 
1. auf BGB. $ 624, wonach ein „für die Lebenszeit einer 
Person oder für längere Zeit als fünf Jahre“ eingegangenes 
Dienstverhältnis vom Dienstschuldner in gewisser Weise gekündigt 
werden kann. Diese Möglichkeit ist durch die angegebene Länge der 
vertragsmäfsigen Zeit bedingt; 
2. auf BGB. 8 1822 Nr. 6. 7, wonach „zu einem Lehrvertrage, 
der für längere Zeit als ein Jahr (vom Mündel) geschlossen 
wird“, und ferner „zu einem auf die Eingehung eines Dienst- oder 
Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrage, wenn der Mündel zu persön- 
lichen Leistungen für längere Zeit als ein Jahr verpflichtet 
werden soll“, der Vormund der Genehmigung des Vormundschafts- 
gerichts bedarf (S. 252)?; 
3. auf GewO. 8 124% Nach dieser zunächst auf die Arbeits- 
verträge gewerblicher Gesellen und Gehülfen hezogenen und durch 
1 Zu ihnen hat man auch zu zählen, dafs gewerbliche Arbeiter und 
Unternehmer durch eine lange vertragsmäfsige Zeit (i. w. 8.) in der Aus- 
nutzung der Konjunktur des Arbeitsmarktes gehemmt werden. Ein öko- 
nomisches Interesse kann auch ein Dritter haben, namentlich ein Mäkler 
(Stellenvermittler, Theateragent), der bald an kurzer, bald an langer Vertrags- 
zeit (seiner Kunden im Verhältnis zu Dritten) interessiert ist, 
2? Wegen dieser Genehmigung s. 88 1829. 1830. S, ferner $ 113 Abs. 1 
Satz 2 (S. 253. 254).
	        
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