IV. Bedeutung der Länge ‘der vertragsmäfsigen Zeit. 545
a. BGB. $ 626 betrifft Dienstverhältnisse jeder Art, GewO. 8 1242
nur besonders geartete. Diese bleiben ihrem Spezialrecht unter-
worfen, auch wenn neuere Bestimmungen für Dienstverhältnisse im
allgemeinen getroffen werden; es sei denn, dafs die lex generalis
posterior das ältere Spezialrecht aufheben will. Ein solcher Wille
tritt in $ 626 BGB. nicht hervor *.
b. Einf.-Ges. z. BGB. Art. 32 regelt das Verhältnis des BGB. zu
den Reichsgesetzen und damit auch zur GewO. Aus dem Einf.-Ges,
selbst ergiebt sich die Aufhebung von GewO. 8 1242 nicht. Ebensowenig
ergiebt sie sich aus dem BGB., da $ 626 mit $ 124% vereinbar ist,
sobald man dessen Geltung auf die durch ihre Parteien qualifizierten
Dienstverhältnisse beschränkt, für welche & 1242 bestimmt ist; für
die übrigen gilt BGB. $ 626. |
c. Der Reichsgesetzgeber behandelt in seit dem Erlafs des BGB.,
vor und nach seinem Geltungsanfang, erfolgten Publikationen den
$ 1242 GewO. als fortgeltend und nicht in BGB. 8 626 aufgegangen.
Durch Einf.- Ges. z. HGB. Art. 13 ist der Reichskanzler ermächtigt
worden, das BiSchG. in der durch Art. 12 bestimmten, vom 1. Januar
1900 an gültigen Fassung mittelst des RGBIl. bekannt zu machen,
was geschehen ist (RGBl. 1898 S. 868 fg.). Im $ 25 des republizierten
Gesetzes wird wegen der unbefristeten Kündigung des Schiffseigners
und des Schiffsmannes nach wie vor auf die Bestimmungen der 88 122
bis 1242 der GewO. verwiesen, wodurch festgestellt wird, dafs $ 124 a
fortbesteht. — Eine weitere authentische Deklaration des Fort-
bestandes des 8 124% bildet seine Beibehaltung in der Bekannt-
machung der neu redigierten GewO, vom 26. Juli 1900 (RGBI. 8. 871).
Die vorstehende Argumentation über die Geltung des $ 1242
GewO. gegenüber BGB. $ 626 bezieht sich nur auf das ipso jure be-
stehende Verhältnis dieser Bestimmungen. Ein anderes kann durch
Privatdisposition begründet werden, denn $ 1242 ist in gewissem
Maß nachgiebig (Kap. 6 Nr. VIIN.
4. Die Länge der vertragsmäfsigen Zeit kann rechtlich bedeutend
sein beim sog. Kontraktbruch, d.h. wenn einseitig der Arbeitgeber
oder der Arbeitnehmer vor Ablauf der vertragsmäfsigen Zeit das Ar-
beitsverhältnis nur thatsächlich aufhebt. Hier kann der Umfang der
S 1242, Schicker, Die GewO., z. d. St. Fuld in Gruchots Beitr. zur Er-
läuterung des deutschen Rechts, 6. Folge 4. Jahrg. S. 599/600. Franken-
berg, Stellung des deutschen Arbeiters zum BGB. S, 34. 35. Nelken,
Handwerker- und Arbeiterschutzgesetze, zu GewO. 8 1242 Nr. 1.
ı Ebensowenig als z. B. BGB. 8 621 den $ 122 GewO. verdrängen will.
Vgl. Neukamp in Verwaltungsarchiv V, 215. 227. 228.
Lotmar, Arbeitsvertrag. I. 35