Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

562 IV, Abschn. Vertragszeit, 4. Kap.: Kündigung im Allgemeinen. 
innerhalb des Arbeitsvertrags durch ihn selbst vorbehalten oder ge- 
regelt werden, geht aber aufserhalb dieses Thatbestandes und nach 
demselben vor sich. Dieser Unterschied hängt mit dem von ein- 
seitiger und vertraglicher Endbestimmung zusammen. Hingegen ist 
letztere Differenz ohne Einflufs auf das Anwendungsgebiet der zwei 
Endbestimmungen. Beide Grundformen des Arbeitsvertrags, der Zeit- 
iohnvertrag und der Akkord, sind wie der vereinbarten so der ein- 
seitigen .Endbestimmung zugänglich. Und dafs die Kündigung, wie 
die zweiseitige Endbestimmung, bei ganz verschiedenen Typen des 
Arbeitsvertrags anzutreffen ist, hat schon die bisherige Erörterung 
xezeigt und wird sich auch bei der bevorstehenden ergeben. Nur 
erscheint dabei die Kündigung nicht immer unter diesem Namen, wie 
umgekehrt der Name Kündigung oder Aufkündigung nicht selten für 
einen anderen, obwohl verwandten Begriff gebraucht wird. 
II. Denn im Leben wie in Gesetzen finden wir die Ausdrücke 
„Kündigung“ oder „Aufkündigung“ oft gebraucht nicht zur Bezeich- 
nung des in Rede stehenden einseitigen Aktes, sondern dessen, was 
genauer „Fristbestimmung“ oder „Kündigungsfrist“ genannt wird. 
So liest man in Werkstattordnungen oder auf Lohnkarten u. dgl., und 
danach in .Berichten über Arbeitsverträge, dafs „keine Kündigung“ 
bestehe oder stattfinde, oder dafs „Kündigung ausgeschlossen“ sei}, 
womit keineswegs die Anwendbarkeit der einseitigen Endbestimmung, 
sondern nur ihrer Befristung verneint wird. Die Frist oder Fristbestim- 
mung gilt bei diesem Sprachgebrauch als dermafsen zur Kündigung 
gehörig, dafs beim Fehlen jener die letztere nicht angenommen wird. 
In der Sprache der neueren Gesetze wird der Akt von der 
etwaigen Frist, nach deren Ablauf er endigend wirkt, deutlich unter- 
schieden *. In älteren wird die „Aufkündigung“ selbstverständlich als 
befristete genommen und gesagt: „Ohne Aufkündigung können Ge- 
sellen und Gehülfen entlassen werden“ resp. „die Arbeit verlassen“: 
ı S. auch z. B. Bericht der bayrischen Fabrikinspektion für 1897 S. 77: 
„Ausschlufs der Kündigung ist vorherrschend in den Brauereien und Stein- 
hauerbetrieben üblich.“ 5.145: „In den Werkstätten der handwerksmäfsigen 
Betriebe ist öfters ein Plakat angeschlagen, das jede Kündigung ausschliefst.“ 
Stadthagen, Arbeiterrecht S. 88, 
2? „Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist“ z. B. BGB. 88 626- 
675 (vgl. 542. 544. 553. 554. 728), HGB. 8$ 70—72. 77 Abs. 2. 4. 92 Abs. 2. 
In BGB. $ 629 wird „Kündigung“ im prägnanten Sinn von befristeter Kün- 
digung gebraucht (anders in $$ 627. 628); denn nach unbefristeter Kündigung 
kann nicht von Zeitzewährung die Rede sein.
	        
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