Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

568 IV. Abschn. Vertragszeit. 4. Kap.: Kündigung im Allgemeinen, 
Dann mulfs derselbe die bestrittene Begründetheit der Kündigung be- 
weisen. 
V. Eine einseitige Willensäufserung, die als Kündigung ungültig 
ist, weil sie den Thatbestand oder die Voraussetzungen der Kün- 
digung nicht erfüllt *, kann mit Rechtswirkung bekleidet und insofern 
aufrecht erhalten werden durch Korrektur oder Konversion®. Diese 
Methode findet hier folgende Anwendungen. 
Wenn die als Kündigung ungültige Erklärung den Erfordernissen 
eines Antrags zur Vereinbarung einer Endbestimmung entspricht — 
was leicht der Fall sein kann, da dessen Erfordernisse viel geringer 
sind, als die der Kündigung —, so gilt sie als solche Offerte, wo dies 
den Intentionen des Kündigenden gemäfs ist, was oftmals zutrifft®. 
Wird die als Kündigung nichtige, als Vertragsantrag gültige Willens- 
erklärung vom Gegner angenommen, so kommt es zu einer vertrag- 
lichen Endbestimmung*. Von Annahme durch den Gegner kann 
aber nur dann die Rede sein, wenn er die Willenserklärung als Ver- 
tragsantrag auffafst, somit ihre Ungültigkeit als Kündigung erkennt®. 
Aufser dieser Erkenntnis bedarf es seines Annahmewillens, d.h. des 
Einverständnisses mit der proponierten Aufhebung des Arbeits- 
verhältnisses, und dieses Einverständnis mufs kund gegeben werden. 
Dafs die ungültige Kündigung schweigend hingenommen und that- 
sächlich befolgt wird, weil die faktische Aufrechterhaltung des Ver- 
hältnisses als unausführbar erscheint oder eine gerichtliche Reaktion 
gegen das Verhalten des Kündigenden beabsichtigt wird, ist keines- 
wegs Erklärung des Annahmewillens ©, 
1 indem z. B. die ihr zugedachte Wirkung in die Zeit der Unkündbarkeit 
fällt, oder die Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde, oder der zureichende 
Kündigungsgrund fehlt, 
2? BGB. 8 140. Hingegen $ 189 kann nicht in Frage kommen, denn die 
Kündigung ist gänzlich nichtig, nicht blofs zum Teil. Ebenso auch nicht 
$ 188: eine gegen die guten Sitten verstofsende Kündigung ist und hleibt 
nichtig. Vgl. S. 578 oben, 
8 Denn dem Kündigenden wird es oft einerlei sein, ob die von ihm be- 
absichtigte Endigung des Arbeitsverhältnisses durch seine einseitige Verfügung, 
oder durch seinen Vorschlag und dessen Annahme zustande kommt. 
* Ein solcher Fall in Seufferts Archiv 55 Nr. 148. 
5 Vgl. Thiele a. a. O. S. 143. 144. . 
6 Die schüchtern vorgetragene entgegengesetzte Ansicht in Blätter für 
soz. Praxis vom 29. März 1894 S. 111 Anm.. Im Jahresbericht des Arbeiter- 
sekretariates Stuttgart für 1897 S. 9 wird den Arbeitnehmern dringend em- 
pfohlen, die ungültige Kündigung nicht stillschweigend hinzunehmen. wenn 
aje damit nicht einverstanden sind.
	        
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