V. Schranken privater Befristung in der GewO. 589
private Befristung der Kündigung. Hieraus folgt, daß wenn die von
der gesetzlichen abweichende Privatdisposition nur im Arbeitsvertrag
und nicht in der Arbeitsordnung getroffen ist, sie keine Gültigkeit
hat, und die gesetzliche Fristbestimmung bestehen bleibt. Demgemäfs
ist auch eine private Fristbestimmung , die von der gesetzlichen ab-
weicht, ungültig, wenn sie von der in die Arbeitsordnung auf-
genommenen Bestimmung verschieden ist‘. —
Die zweite, eingreifendere Schranke der GewO. wird durch $ 122
Satz 2 und 3 gegeben? Sie bezieht sich auf die beruflichen Arbeits-
verträge der Gesellen und Gehülfen, aller Fabrikarbeiter, der Be-
triebsbeamten, Werkmeister und Techniker, des Schiffers und der
Schiffsmannschaft in der Binnenschiffahrt, des Flofsführers und der
Flofsmannschaft. — Zwar nennt das Gesetz als Modus, die gesetzliche
Kündigungsfrist zu ändern, die Vereinbarung®. Allein dies ist nicht
zo zu verstehen, dals jene Änderung oder der vom Gesetz abweichende
Inhalt des Arbeitsvertrags gerade von dessen Kontrahenten herrühren
müßte. Vielmehr kann derselbe (gleich anderem Inhalt des Arbeits-
vertrags: S. 231—36) schon vor der Vertragschliefßung einseitig durch
den Arbeitgeber oder gemeinsam durch andere Personen generell
für eine unbestimmte Reihe künftiger Arbeitsverträge bereit gestellt
worden sein* und danach zum Bestandteil des einzelnen Arbeits-
vertrags werden, ohne dafs im gegebenen Fall die vom Gesetz ab-
weichende Privatdisposition getroffen oder auch nur auf die generelle
[nhaltsbestimmung Bezug genommen wird. Man kann ebenso um-
gekehrt sagen: die Schranke, welche das Gesetz der privaten Verein-
barung der Kündigungsfrist zieht, gilt natürlich auch für die Reser-
voirs von Vertragsinhalt, aus denen dem gegebenen Arbeitsvertrag
Inhalt zuflielßst. mit anderen Worten. eine zweiseitig in einem Tarif-
ı Dies stimmt zu GewO, 8 134°, wonach der Inhalt der Arbeitsordnung
für die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer verbindlich ist, ohne dafs der ver-
traglichen Abweichung Raum gelassen wäre. Näheres über diesen bestrittenen
Punkt in Abschn. VI.
2? „Werden andere Aufkündigungsfristen vereinbart, so müssen sie für
deide Teile gleich sein. Vereinbarungen, welche dieser Bestimmung zuwider-
laufen, sind nichtig.“
* Ebenso in GewO. 8 124%: „wenn eine längere als vierzehntägige Kün-
digungsfrist vereinbart ist“.
4 Nach dem vorhin (S. 588) Gesagten mufs es in Gestalt der Arbeits-
ordnung der Fall sein bei den Fabrikarbeitern der gröfseren Fabriken, wie
auch bei den Handlungsgehülfen der gröfseren offenen Verkaufsstellen, obwohl
auch HGB. 8 67 blofs „durch Vertrag“ bedungene Abweichungen von der
gesetzlichen Kündigungsfrist nennt.