Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

[. Positive und negative Begriffsmerkmale. IT. Der AV. als Vertrag. 33 
derlich, dal gewisse Leistungen nicht neben der Arbeit zugesagt 
seien. Es ist daher für den Arbeitsvertrag auch die Abwesenheit 
eines gewissen Inhalts wesentlich. Von dieser negativen Seite 
des Inhalts, wenn man so sagen darf, soll nach der Betrachtung 
seiner positiv wesentlichen Stücke (Arbeit und Entgelt) in Kapitel 4 
die Rede. sein. 
{I. Der Arbeitsvertrag ist als Vertrag ein zweiseitiges Rechts- 
zeschäft. Er umfaßt daher nicht die Auslob ung, obwohl auch bei 
dieser ein Entgelt, nämlich „eine Belohnung für die Vornahme einer 
Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges“ (BGB. 
35 657) zugesagt wird, und die Vornahme einer Handlung, ins- 
vesondere die Herbeiführung eines Erfolges, Arbeit sein kann. Die 
Auslobung ist jedoch eine einseitige Verfügung, sie ist nicht Verein- 
barung von Arbeit und Entgelt, Aus diesem Grunde gehört dem 
Arbeitsvertrag auch nicht an die Geschäftsführung ohne Auf- 
‘rag. Zwar kann diese Geschäftsführung oder Geschäftsbesorgung 
(BGB. $ 677) eine Arbeit sein; sonst wäre es nicht möglich, dafs ein 
Dienstvertrag oder ein Werkvertrag „eine Geschäftsbesorgung zum 
Gegenstande hat“ (8 675). Aber zwischen Geschäftsführer und Ge- 
schäftsherrn wird weder Arbeit noch Entgelt ausbedungen. — Ebenso- 
wenig liegt da ein Arbeitsvertrag vor, wo jemand ohne Übereinkunft 
von rechtswegen zur Leistung von Arbeit verpflichtet ist. Eine 
solche Verpflichtung kann sich auf Privatrecht gründen!: so die 
der Ehefran zur Leitung des gemeinschaftlichen Hauswesens, zu 
Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes (8 1356), des 
Kindes, den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäfte Dienste zu 
leisten .($ 1617), des Vaters oder der Mutter, für die Person oder das 
Vermögen des Kindes zu sorgen; die Sorge für die Person erscheint 
vorzüglich als Erziehung und Beaufsichtigung *. Eine von rechts- 
wegen bestehende Verpflichtung zur Arbeit kann sich auch auf 
öffentliches Recht gründen: so die des Rechtsanwaltes zur An- 
leitung der im Vorbereitungsdienst bei ihm beschäftigten Rechts- 
1 Dies hat im Auge BGB 8 845 mit den Worten: „wenn der Verletzte 
kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Haus- 
wesen oder Gewerbe verpflichtet war.“ 
? BGB $$ 1627. 1631. 1634. 1635, 1686. 1707. Dafs die Sorge für die 
Person des Kindes „zusteht“ (z. B. 88 1629. 1685), bedeutet, da es sich nicht 
blofs um Recht, sondern auch um Pflicht handelt, auch dafs sie obliegt. — 
Dadurch, dafs dem Finder einer Sache vom Gesetz auferlegt wird, den Fund 
anzuzeigen und die Sache zu verwahren ($$ 965. 966), wird der Finder ge- 
setzlich zu einer Arbeit verbunden. — Solche Verbindlichkeit auch in 8 663. 
Lotmar, Arbeitsvertrag. I. 7
	        
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