612 IV. Abschn. Vertragszeit. 6. Kap.: Unbefristete Kündigung.
1. Kann die nach dem Gesetz jederzeit oder in gewisser Zeit
statthafte unbefristete Kündigung durch Privatdisposition im voraus
auf eine gewisse Zeit bezw. auf einen engeren Zeitraum beschränkt
werden?! Diese Frage wird wieder für den Rheder und den Schiffer
beantwortet und zwar verneint durch HGB. $ 545; wenn hiernach
der Schiffer jederzeit entlassen werden kann, „selbst wenn das Gegen-
teil vereinbart ist“, so wird damit auch die zeitliche Beschränkung
des Kündigungsrechts für ungültig erklärt. Den gleichen weiten Sinn,
dafs sich der Berechtigte seines Kündigungsrechts auch nicht zeitweise
begeben könne, messen wir der Vorschrift des 8 695 BGB. bei?
Weitere Antworten erteilen die Quellen auf unsere Frage nicht,
Indessen gelangen wir nach dem Vorbild der Entscheidung in HGB.
8 545 und mit Hülfe der S. 609—11 geäufßserten Erwägungen zu dem
Ergebnis, dafs die temporäre Einschränkung des Rechts zu unbefristeter
Kündigung in den meisten Fällen nicht angeht. Zu dieser Mehrzahl
gehören beispielsweise die Fälle des Vereinsvorstandes, des Aktien-
gesellschafts- oder Genossenschaftsvorstandes, des Schiffers und des
Schiffmannes in der Binnenschiffahrt, des Vertrauensmannes im Dienst-
verhältnis des $ 627 BGB. Die Unverkürzbarkeit der gesetzlichen
Probezeit beim Lehrverhältnis ist schon S. 610 angeführt worden.
Zu der Minderheit der Fälle, bei denen zeitliche Schmälerung
des Kündigungsrechts nicht ausgeschlossen erscheint, zählen wir den
in HGB. $ 77 Abs. 4: „Im Fall des Todes des Lehrherrn kann das
Lehrverhältnis innerhalb eines Monats ohne Einhaltung einer Kün-
digungsfrist gekündigt werden.“ Es ist kein triftiger Grund dafür
abzusehen, warum dieses Kündigungsrecht nicht auf zwei Wochen
ı Zu solcher Privatdisposition kann man nicht die natürliche Begrenzung
des Arbeitsverhältnisses und die vertragliche Endbestimmung zählen. Denn
wenn hierdurch die unbefristete Kündigung suspendiert wird, so wird sie
doch mit Erreichung der natürlichen Grenze oder mit Eintritt der vertrag-
lichen Endbestimmung nicht wieder statthaft, da ja dann die Vertragszeit
ohne Kündigung zu Ende geht. S. BGB. 8 696 Satz 1, HGB. $ 422 Abs. 1
i. Anf., BGB. 8 623 Satz 1 vgl. mit $ 620 Abs. 2.
? „Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern,
auch wenn für die Aufbewahrung eine Zeit bestimmt ist.“ Dies gilt auch
da, wo diese Zeitbestimmung keine Endbestimmung ist (vgl. S. 599/600). Nach
Dernburg, Bürgerl. Recht II, $ 350 1II, 1 ist die Vereinbarung temporären
Ausschlusses der Rückforderung wirksam, nur „dafs das Geschäft in solchem
Falle nicht Verwahrungsvertrag, sondern Werkvertrag ist“. Warum das und
nicht Dienstvertrag? Die Verwahrung (als Vertragsleistung) ist nach BGB.
ausschliefslich Gegenstand des Verwahrungsvertrags: oben S. 288. 289.
325. 326.