Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

616 IV. Abschn. Vertragszeit. 6. Kap.: Unbefristete Kündigung. 
fähigkeit oder Geschmacklosigkeit des Unternehmers herausstellt, oder 
weil dieser gewisse Obliegenheiten gegenüber seinen Gehülfen nicht 
erfüllt. Der Kündigungsgrund ist hier ja auch nach dem Gesetz (BGB. 
58 650 Abs. 1 a. E., vgl. $ 649 Satz 2) nicht bedeutungslos, nur 
kommt er nicht für die Gültigkeit der Kündigung des Bestellers in 
Frage, sondern blofs für den Umfang seiner Leistung. Nichts spricht 
dagegen, dafs diese Reduktion, welche $ 650 bei einem bestimmten 
Kündigungsgrund eintreten läfst, durch Vertrag auch für andere 
Kündigungsgründe zur Geltung gebracht werde. Eine solche Kon- 
zession an den Besteller kann der Unternehmer sehr wohl dadurch 
wettmachen wollen, dafs er sich ausbedingt, der Besteller könne nur 
aus im Vertrag bestimmten Gründen kündigen, den nämlichen, für 
die er in die Reduktion seines Gegenanspruchs zu willigen bereit ist. 
Einer solchen Abrede ist.die Gültigkeit nicht zu versagen. 
Aus Vorstehendem erhellt, dafs die gesetzliche Verleihung freien, 
d. h. nicht an gewisse Voraussetzungen gebundenen Rechts unbefristeter 
Kündigung dessen private Einschränkung durch Voraussetzungen nicht 
ausschliefst. Aber wenn nicht das Gesetz die Privatdisposition vor- 
behalten hat, ist solche nur dort zulässig, wo. damit weder gegen die 
zuten Sitten, noch gegen die Freiheit der Lösung verstofßsen wird, 
welche der vertrauliche Charakter des Arbeitsverhältnisses erheischt. 
VI. Haben wir im Vorausgehenden das freie Kündigungsrecht 
betrachtet, so ist nun weiter zu untersuchen, wie es um das an gewisse 
Voraussetzungen gebundene stehe, nämlich die Möglichkeit zu prüfen, 
zeine sachliche Beschränkung zu beseitigen, zu verringern oder zu 
verstärken. Fassen wir zunächst die Gruppe von Fällen ins Auge, 
bei denen die Kündigung generell vom Dasein eines wichtigen 
Grundes oder wichtiger Gründe abhängig gemacht ist (S. 606), so 
drängen sich die drei folgenden Fragen auf: 
1. ob durch Privatdisposition vom Erfordernis des wichtigen 
Grundes gänzlich abstrahiert werden, 
2, ob eine oder die andere Thatsache eximiert, d.h. im voraus 
der Geltung als Kündigungsgrundes entkleidet werden, und 
3. ob statt des „wichtigen Grundes“ das Dasein gewisser That- 
sachen zur alleinigen Voraussetzung der unbefristeten Kündigung 
gemacht werden könnel. 
1! Die weitere Frage, ob, falls beiden Parteien das Kündigungsrecht aus 
wichtigem Grund zusteht, eine der in Frage gestellten Privatdispositionen 
auf eine Partei allein bezogen werden könne, soll hier nicht verfolgt werden. 
Offenbar wird durch eine so gestaltete Verfügung eine rechtliche Imparität
	        
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