622 IV. Abschn. Vertragszeit. 6. Kap.: Unbefristete Kündigung,
der GewO. erscheinen Diebstahl, Entwendung, Unterschlagung, Betrug
und liederlicher Lebenswandel als Kündigungsgründe nur für den
Arbeitgeber ($ 123 Nr. 2), und sie umfassen auch das aufserkontrakt-
liche Verhalten des Arbeitnehmers. Es wäre rechtlich zulässig, wenn
auch faktisch unausführbar, jene Thatsachen als beim Arbeitgeber
vorliegende durch Vertrag. zu Kündigungsgründen auch für den Arbeit-
nehmer zu machen. Die grofse Verschiedenheit der Rollen, die den
Parteien bei der Vollziehung des Arbeitsvertrags zukommen, wird, wo
die Kündigungsgründe spezialisiert werden, natürlich in einer Ver-
schiedenheit derselben zum Ausdruck kommen. Aber der Zusatz eines
Kündigungsgrundes kann auch darum ungültig sein, weil der Grund
so unbestimmt gefalst oder so unkontrollierbar ist, dafs, wo er nur
für eine Partei gilt, die andere deren Willkür preisgegeben ist.
ad 2. Die zweite der S. 618 gestellten Fragen, nämlich ob von
den gesetzlich anerkannten Kündigungsgründen einzelne wegbedungen
werden können, läßt sich nicht von vornherein oder nach dem Vor-
bild der ersten Frage bejahen. Wenn Gesetze mehrere Kündigungs-
gründe namhaft machen, ohne andere auszuschliefsen, so ist daraus
nicht zu folgern, dafs sie auch nach innen nicht exklusiv seien. Sie
können vielmehr sehr wohl eine Minimalgrenze haben ziehen wollen.
Gegen diese Annahme spricht nicht, dafs die speziellen Kündigungs-
gründe des HGB. $8$ 71. 72 gelten, „sofern nicht besondere Umstände
eine andere Beurteilung rechtfertigen“; denn die Nichtverwendbarkeit
im gegebenen Fall und die im voraus allgemein getroffene Aus-
schließsung sind verschiedene Dinge. Für die Freiheit der Privat-
disposition gegenüber den speziellen Gründen der GewO. 8$ 123. 124
läfst sich auch schwerlich $ 134b Nr. 3 geltend machen. Danach
sind in die Arbeitsordnung die Gründe aufzunehmen, „sofern es nicht
bei den gesetzlichen Bestimmungen bewenden soll“; denn diese Be-
dingung dürfte so gemeint sein, dafs die gesetzlichen Bestimmungen
das Mindestmafs bilden. In $ 134° Abs. 2 finden wir „die in der
Arbeitsordnung oder in den $8 123 und 124 vorgesehenen Gründe“
alternativ koordiniert, aber ein sicherer Schluß auf die Möglichkeit,
gesetzliche Gründe durch Nichtaufnahme in die Arbeitsordnung im
voraus auszuschließen, läßt sich nicht ziehen. Wie es übrigens prin-
Versammlung desselben beiwohnt, würde die Gültigkeit beider korrespon-
üierenden Bestimmungen in Frage zu stellen sein. Nelken, Handwerker-
und Arbeiterschutzgesetze, zu GewO. $ 134% Anm, 7.
! z.B. Recht sofortiger Entlassung, sobald der Arbeitgeber mit dem Arbeit-
nehmer: „nicht zufrieden“ sei. S. auch Rosenstock, BGB. und Theaterrecht
S. 25/6. Koehne, Arbeitsordnungen SS, 207 al. 2. 208 al. 1.