VII. Wegbedingung u. Ersetzung specieller gesetzl. Kündigungsgründe. 623
zipiell um die Verfügungsfreiheit stehe*, jedenfalls sind fast alle
speziellen Kündigungsgründe so geartet, dafs eine sie wegbedingende
Übereinkunft wegen Verstoßes gegen die guten Sitten ungültig sein
würde?*, Es ist die nämliche Schranke, welche der Exemtion gewisser
Kündigungsgründe da gezogen ist, wo nur generell aus wichtigem
Grunde die Kündigung verliehen ist (S. 617/18). Freilich wäre es nicht
moralwidrig, dafs der Prinzipal im voraus auf den Kündigungsgrund
der „anhaltenden Krankheit“ des Handlungsgehülfen verzichtet, so dafs
solchenfalls nur die ordentliche Kündigung übrig bliebe. Dagegen
ginge es nicht an, dafs der Prinzipal oder der Handlungsgehülfe im
voraus sich des Kündigungsrechts für den Fall begiebt, dafs der
Handlungsgehülfe resp. der Prinzipal sich Thätlichkeiten oder er-
hebliche Ehrverletzungen gegen den anderen zu Schulden kommen
läfßst*., Und so geartet, dafs sie von Moral wegen keine vorgängige
Ausschliefsung vertragen, sind fast ausnahmslos die speziellen Kün-
digungsgründe der GewO. 88 123. 124. 133°. 1334.
ad 3. Die dritte der S. 618 gestellten Fragen, nämlich ob von
den gesetzlich anerkannten Kündigungsgründen einzelne durch andere
ersetzt werden können, ist nach Mafsgabe des zu 1 und 2 Gesagten
zu bejahen oder zu verneinen. Denn die durch Privatdisposition vor-
zunehmende Ersetzung eines Kündigungsgrundes besteht aus Weg-
bedingung und Zusetzung: der ersetzende tritt an die Stelle des weg-
bedungenen und bildet einen Zusatz zu den verbleibenden. Soweit
Wegbedingung und Zusetzung überhaupt statthaft sind, sind sie auch
zulässig in Gestalt der Ersetzung. Und im einzelnen Fall kommt es
darauf an, dafs die Ausschaltung und der Ersatz nicht moralwidrig
sei. Eine naheliegende Art ersetzender Privatdisposition ist die,
welche einen gegebenen Kündigungsgrund ändert. So könnte z. B.
der in GewO. $ 124 Nr. 5 (fast gleichlautend $ 1334 Nr. 3) enthaltene
Kündigungsgrund des Arbeitnehmers: „wenn bei der Fortsetzung der
Arbeit das Leben oder die Gesundheit der Arbeiter einer erweislichen
Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Ar-
beitsvertragsnichtzu erkennen war“, dahin geändert werden,
dafs der hervorgehobene Teil des Satzes fortgelassen wird. Diese
Änderung verstößt so wenig gegen die guten Sitten, dafs vielmehr
! Gegen dieselbe Nelken a. a. 0. Anm. 7 zu GewO. $ 134,
2 Vgl. Mayer in Soz. Praxis V, 59 al. 3 a. E. Crome, Partiarische
Rechtsgeschäfte S. 243 Anm. 13.
3 Vgl. Lotmar, Unmoral. Vertrag S. 39 Anm. 145. Fuld, Recht der
Handlungsgehilfen S. 29/380.