II. Häusliche Gemeinschaft bei juristischen Personen. 661
gesprochen werden, wenn dieser wenigstens bei der Hauptmahlzeit
die Wohnung des Arbeitgebers zu teilen pflegt. Damit sind wir zur
Beköstigung gelangt. Die Beköstigung des Arbeitnehmers durch den
Arbeitgeber ist zur Aufnahme in die häusliche Gemeinschaft weder
erforderlich noch hinreichend. Sie ist nicht erforderlich, weil es ge-
nügt, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter sein Dach auf-
genommen hat. Sie ist nicht hinreichend, weil eine Beköstigung, die
dem Arbeitnehmer in dessen nicht unter dem Dach des Arbeitgebers
befindlicher Wohnung oder an einem dritten Ort durch den Arbeit-
geber zu teil wird, selbst wenn die Kost aus der Wirtschaft des
Arbeitgebers stammt, letzterenfalls zwar eine Kostgemeinschaft,
keinenfalls aber eine häusliche Gemeinschaft herstellen kann‘. —
Wir sind davon ausgegangen (S. 657), dafs wenn BGB. 8 617 von
der Aufnahme in die häusliche Gemeinschaft spricht, ohne anzugeben,
in wessen, die des Arbeitgebers gemeint sei, eine Annahme, die auch
für die unten zu behandelnden $ 618 BGB. und 8 62 HGB. zu
machen ist, wo die häusliche Gemeinschaft wieder ohne Angabe des
Aufnehmenden vorkommt. Wie nun aber, wenn der Arbeitgeber
überhaupt nicht wohnt und keine Mahlzeiten hält, weil er keine
physische, sondern eine juristische Person ist? Zahlreiche Arbeit-
nehmer im Bäckerei-, Brauerei-, Gastwirts- und Handelsgewerbe sind
in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, woran sich die in BGB.
88 617. 618 und HGB. 8 62 verzeichneten Rechtsfolgen knüpfen.
Sollen diese Rechtsfolgen ausbleiben, wo jene Gewerbe von einer juri-
stischen Person betrieben werden, wo eine Genossenschaft, eine
Aktiengesellschaft Arbeitgeber, Prinzipal ist, darum ausbleiben, weil
in diesen Fällen der Arbeitgeber als juristische Person selbst nicht
haust und speist? Dies mülste als zweckwidrig oder anstöfsig erscheinen,
wo die Lage der fraglichen Arbeitnehmer die gröfste Ahnlichkeit hat
mit der von Bäckergesellen oder Handlungsgehülfen, die in die häus-
liche Gemeinschaft eines leibhaftigen Bäckermeisters oder Prinzipals
aufgenommen sind. Wenn ferner die Bräugehülfen und die Kellner
unter dem Dache schlafen, unter dem sie schliefen, als die Brauerei
oder der Gasthof noch dem Herrn N. gehörte, der unter dem
gleichen Dache ruhte, so möchte man Fortbestand der häuslichen
Gemeinschaft annehmen, auch wenn an die Stelle des Herrn N. als
Arbeitgeber eine Aktiengesellschaft getreten ist. Andernfalls würden
die dem Arbeitnehmer vorteilhaften Rechtsfolgen ausbleiben, die die
1a, M. Planck, Komm, zu BGB. 8 617. Das Absehen vom Ort der
Beköstigung führt zu unhaltbaren Konsequenzen,