580 V. Abschn. Naturalvergütung. 2. Kap.: Abgrenzung.
Aber auch die Naturalleistung an Erfüllungsstatt ist wenigstens
in mehreren der in diesem Passus genannten Ausnahmefälle zulässig.
Allerdings stellt Satz 2 nach seinem Zusammenhang mit Satz 1 Aus-
nahmen vom Kreditierungsverbot auf, und ist Kreditierung mit
nachfolgender Kompensation verschieden von Leistung au Zahlungs-
statt. Auch ist die Verabfolgung von Wohnung oder Landnutzung
gegen Miet- oder Pachtpreis sicherlich eine kreditweise geschehende
Verabfolgung, was ebenso von der Verabfolgung von Stoffen für mit
der künftigen Lohnzahlung zu vergütende Arbeiten gilt. Allein
erstens ist es sehr wohl möglich, „Lebensmittel“, „Feuerung“ und
„Beleuchtung“ ohne Kreditierung für die schon fällige Geldlohnschuld
an Erfüllungsstatt hinzugeben, Zweitens ist der Ausdruck „unter An-
rechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen“ nicht so fest speziali-
siert, dafs er nicht auch auf die Leistung an Erfüllungsstatt bezogen
werden könnte, die ohne vorausgehende Kreditierung zur Zeit der
Fälligkeit der Geldlohnschuld erfolgt. Drittens endlich rechnet die in
8 116 (S. 679) dem Arbeitgeber versagte Abwehr, nämlich die Einrede
aus der datio in solutum, ausdrücklich mit der Leistung an Zahlungs-
statt als regelmäfsig verbotenem Verhalten. Dieses muls daher in den
Ausnahmefällen, in denen es faktisch Platz greifen kann, rechtlich
statthaft sein.
Das Resultat ist danach, daß GewO. $ 115 sich weder in der
Vorschrift des Abs. 1 noch in den Ausnahmen des Abs. 2 auf die
Naturalvergütung bezieht, und daß Abs. 2 Satz 2 sowohl der
Aufrechnung als der Leistung an KErfüllungsstatt ausnahmsweise
Raum giebt.
IN. Naturalvergütung ist nicht die zwar vom Arbeitgeber dem
Arbeitnehmer, aber nicht zur Entgeltung, sondern nur zur Ermög-
kleinen Betrieben beinahe ausnahmslos eingeführt, dafs die Arbeiter ihre
Hauptkost beim Arbeitgeber haben und ihnen die Kosten in den Lohn ein-
gerechnet werden.“ Dieser Lohn ist als Geldlohn gedacht. Das Einrechnen
in denselben ist gleich der obigen Anrechnung. Der hier geschilderte That-
bestand ist nicht der der Naturalvergütung, sondern der Geldvergütung, welche
kompensationsweise um den Betrag einer vom Arbeitgeber erworbenen Gegen-
forderung reduziert wird (S. 657 zu ?®. Wir bezweifeln, dafs diese Ordnung
im angegebenen Kreise „beinahe ausnahmslos eingeführt“ ist, möchten viel-
mehr für die davon verschiedene Naturalvergütung noch ein beträchtliches
Geltungsgebiet in Anspruch nehmen. Der Unterschied ist von praktischer
Bedeutung. Es kann z. B. der Arbeitnehmer, der die Kost nicht als Natural-
{ohn empfängt, sondern mittelst seines Geldlohnes entgilt, eine diesem
Entgelt entsprechende Kost verlangen. Eine andere an BGB. 8 616 an-
knüpfende Differenz wird in Bd. IL vorkommen.