V. Abgrenzung vom Kauf,
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Bechmann fest*, dafs nur solche Güter, bei welchen sich Eigenschaften
oder Analogien der Sachen finden, Kaufobjekte sein können. Solche
Eigenschaften seien Selbständigkeit und Abgeschlossenheit, als welche
das Nehmen und Behalten möglich machen. Hierin unterscheide sich
die Sache von ihren Kräften, Qualitäten, Wirkungen. Der Kauf sei
auf Haben (habere), nicht blofßs auf Gebrauchen (uti) gerichtet. Was
bloß als Funktion des Menschen vorgestellt wird, wie die Arbeit, sei
nicht Kaufgegenstand. Ein solcher mufs ein rechtlich geschütztes Gut
sein. Wo es hieran fehlt, ist für das Recht kein Objekt, sondern
nur eine Funktion vorhanden. „Darum sind der “Dienst”, die ‘Arbeit’
keine Kaufobjekte.“
Ist die civilistische Jurisprudenz, wenn auch nicht über alle
Grenzen des Kaufs, so doch darüber einig, daß der Arbeitsvertrag
außerhalb jener Grenzen liegt, so sollte sie doch nicht achtlos und
wortlos an der Erscheinung vorübergehen, dafs in ihrer nächsten
Nachbarschaft, im Felde der Nationalökonomie, eine andere Auffassung
Platz gegriffen und sich in gewissem Mafse erhalten hat. Denn die
dort obwaltende Auffassung der Arbeit oder Arbeitskraft als Ware
und ihrer entgeltlichen temporären Hingabe als Kauf ist für die Er-
kenntnis sowohl des Arbeitsvertrags als des Verhältnisses der Juris-
prudenz zur Nationalökonomie von großer Bedeutung.
Daß es sich bei jener ökonomischen Auffassung nicht um den
Arbeitsvertrag in seinem ganzen Umfang handelt, sondern nur Arbeit
in Frage steht, die von dem, der sie zusagt, auch zu verrichten ist,
und dafs als Verkäufer Personen vorausgesetzt sind, ‘die aufser ihrer
Arbeit oder Arbeitskraft nichts ihr eigen nennen, zeigt schon von
vornherein, dafs wir es hier nicht etwa blofßs mit einer wissenschaft-
lichen Metapher oder mit einer Ausdehnung des Sprachgebrauchs zu
thun haben, welcher die Terminologie des Kaufs zu der des Synallagmas
erweitert, vom Umsatz von Sachen auf den Handel um Arbeit oder
Arbeitskraft überträgt?. Vielmehr erweist sich die Einbeziehung des
konnten, erklärt Brinz, Pandekten II 8 325 Anm. 23 historisch, und zwar
laraus, dafs gegenseitiges Geben und Nehmen und nicht gegenseitiges Ver-
sprechen den Ausgangspunkt für emtio venditio gebildet hat.
' Der Kauf nach gemeinem Recht II, 117—146.
* Wie man von Verkauf der Ehre, des Lebens spricht, oder Cie. de off.
[, 42 sagt: Inliberales autem et sordidi quaestus mercennariorum omnium,
quorum operae, non quorum artes emuntur. — In der altnorwegischen Rechts-
sprache wird kaupa, das etymologisch unserem „kaufen“ entspricht, auch mit
Bezug auf Arbeit gesagt: kaupa verk. Dies ist jedoch nicht rechtliche Un-
unterschiedenheit der Geschäfte, sondern nur Ausdehnung des Wortgebrauchs.
Der Eigentumserwerb um Geld heifst blofs kaupa, andere mit diesem Wort