I. Erwerb u. Erwerbsgelegenheit. II. Rolle des Arbeitgebers u. Dritter, 699
den von letzteren geschlossenen Kontrakten entrichtet werden, gehen
entweder unmittelbar beim Arbeitgeber ein oder werden ihm von
seinen Arbeitnehmern abgeliefert. Und das auf diese Weise Erworbene
giebt den Fonds ab, aus dem jene Arbeitnehmer Geldlohn für die
Arbeit empfangen, die sie bei Abschluß oder Vollziehung der gedachten
Kontrakte dem Arbeitgeber zeleistet haben.
II. Daß der Arbeitnehmer durch seine Arbeit Erworbenes nicht
vom Arbeitgeber beziehe, ist hiernach erforderlich, damit von
Erwerbsgelegenheit als Naturalvergütung die Rede sein könne, aber
es ist hierfür nicht genügend. Wo nämlich die nach dem Arbeits-
vertrag zu leistende Arbeit nicht durch den Arbeitnehmer, sondern
durch einen Dritten verrichtet wird (S. 101 fg.), von welchem sie der
Arbeitgeber empfängt, kann zwischen diesem und dem Arbeitnehmer,
der selber Arbeitgeber des Dritten ist, sowie zwischen beiden letzteren
verabredet werden, daß die Vergütung vom Empfänger der Arbeit
nicht seinem Arbeitnehmer, sondern dem Dritten entrichtet werde
(S. 168—69). Der Dritte nun, der in solchem Fall von: seinem
Arbeitgeber wegen der Vergütung an dessen Arbeitgeber verwiesen
wird, erhält in dieser Verweisung von seinem Arbeitgeber nicht blols
eine Erwerbsgelegenheit und in solcher eine Naturalvergütung. Er
hat vielmehr aus seinem Arbeitsvertrag einen Anspruch auf Geldlohn,
nur hat er sich in einer Nebenabrede damit einverstanden erklärt,
diesen Geldlohn aus den Händen des Gläubigers seines Gläubigers zu
erhalten. Ein derartiger Fall ist z. B. gegeben, wenn der Inhaber
einer Lohn-Dampfdrescherei einem Landwirte die Dampfdreschmaschine
zum Gebrauch-überläfst und auch das zur Beförderung und Bedienung
der Maschine erforderliche Personal stellt (S. 203) unter der Abrede,
dafs der von ihm dem Personal (seinen Arbeitnehmern) geschuldete
Geldlohn vom Landwirte entrichtet werden soll. Dieser soll die Zahlung
machen für Rechnung der Vergütungsschuld, die ihm gegenüber dem
Inhaber des Maschinenbetriebs obliegt !.
1 Vgl. Rosin, Arbeiterversicherung I, 193, ferner Protokolle der (Ham-
burger) Senatskommission S. 876. Nicht anders war, wie es scheint, das Ver-
hältnis im mittelalterlichen Handwerk, wenn der Meister einen Knecht beim
Kunden auf der Stör arbeiten liefs. „Der Konsument hatte dann den Gesellen
zu verköstigen und zu lohnen, der Meister dagegen von Zeit zu Zeit nach-
zusehen, ob der Knecht seiner Schuldigkeit nachkomme und die Haftung zu
übernehmen“ (Stahl, Das deutsche Handwerk S, 307), woran sich zeigt, dafs
der Meister der Arbeitnehmer des Kunden ist, und dessen Vergütung an den
Gesellen für Rechnung des Meisters gewährt wird.