Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

710 V. Abschn. Naturalvergütung. 4. Kap.: Erwerbsgelegenheit. 
Arbeitnehmers in einer Person vereinigt, indem zugleich der Verpächter 
Arbeitgeber seines Pächters ist, d.h. es wird neben dem Pachtvertrag 
von den nämlichen Kontrahenten ein Arbeitsvertrag geschlossen, in 
welchem sich der Pächter dem Verpächter für Arbeit auf dessen 
Ländereien verdingt!. Wo solchenfalls mit Rücksicht auf die Über- 
nahme dieser Arbeitspflicht der Pachtzins auf einen unter dem orts- 
üblichen stehenden Betrag gesetzt wird, bildet im Umfang solcher 
Differenz die Landnutzung einen Entgelt für die aus dem Arbeits- 
vertrag zu leistende Arbeit ®. 
Wo hingegen für die Landnutzung gar kein Geld entrichtet wird, 
kann man sie zwar wegen dieses negativen Umstandes als „unent- 
geltlich“ gewährt bezeichnen®, allein in Wirklichkeit besteht Unent- 
geltlichkeit weder thatsächlich noch rechtlich, da die Landnutzung, 
die hier nicht Pachtobjekt ist, den Entgelt für von ihrem Empfänger 
zu leistende Arbeit bildet. Auch geht es durchaus nicht an, unseren 
Thatbestand als Pacht statt als Arbeitsvertrag zu betrachten, als Pacht 
in dem Sinn, daß der Pachtzins für die Landnutzung in Arbeit be- 
stehe, die auf dem zurückhehaltenen Lande des Verleihers geleistet 
wird. Vielmehr stellt sich die Arbeit als prinzipale Leistung, somit 
als Gegenstand eines Arbeitsvertrags schon dadurch dar, daß ihr 
neben der Landnutzung auch Geldleistung gegenübertritt (vgl. S; 688/89), 
die die Landnutzung an Wert zu überragen pflegt. Dem Grund- 
besitzer ist es nicht um Verwertung seiner Landparzelle, sondern um 
Erlangung der Arbeit des Besitzlosen zu thun, die ihm auf seinen 
Gütern geleistet werden soll. Diese Auffassung — Arbeitsvertrag, 
nicht Pacht — kommt auch in den Kontraktsformularen und schrift- 
lichen Kontrakten zum Ausdruck, wo die Arbeitsvereinbarung ge- 
1 S. oben S. 692 (Heuerkontrakt). Neue Zeit X, 1 S. 787. Verhältnisse 
der Landarbeiter III, 500: „... hat sich ein Arbeiter-Pacht-Verhältnis am 
vielen Stellen dahin entwickelt, dafs den Leuten je nach Wunsch in beliebigem 
Umfang Land gegen fizierten Pachtzins verpachtet wird und sie dafür gegen 
kontraktlich festgestellten Tagelohn arbeiten“. S. 668: „mit dem Arbeitsvertrag: 
ein Pachtverhältnis verbunden“. 
2 Parallel ist der Verkauf von Konsumtibilien an den Arbeitnehmer unter 
dem Marktpreis, was gleichfalls partielle Naturalvergütung ist: z. B. Ver- 
hältnisse der Landarbeiter I, 200. 
8 z. B. Verhältnisse der Landarb. I, 4. 11, 577 (aus einem Kontrakt für 
Mäher in der preufs. Provinz Sachsen): „Jeder der Unterzeichneten erhält 
60 Qu.-R. Lein- und Kartoffelland und für je zwei Hinterleute 60 Qu.-R. 
Kartoffelland gratis, ferner 90 Qu.-R. Kartoffelland gegen Bezahlung 
von 24 Mk. pro Morgen... Wer das ihm kontraktlich zustehende Land 
nicht annimmt, erhält die Vergütung von 72 Mk. pro Morgen.“ Vgl. oben 
S. 6911. 69922.
	        
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