V. Landnutzung als Arbeitslohn oder als Verpächterleistung. 711
wöhnlich im Vordergrund steht‘, am markantesten dort, wo der Land-
nutzung eventuell Geldvergütung (oben S. 710 Anm. 3 a. E.), oder
auch Kartoffeln, Getreide substituiert wird ?.
Von solchem Arbeitsvertrag, in dem die Landanweisung als Ver-
gütung, als Naturalvergütung auftritt, finden sich Beispiele in Menge
und fast in allen Teilen Deutschlands. Sie beziehen sich meistens
auf Kartoffelland, nicht selten auch auf Flachs- oder Lein-, Garten-,
Klee-, Getreide- und Köchels-(Kohl-)Land %. Diese Art von Natural-
vergütung kommt bei allen Kategorien von Landarbeitern vor, bei
Knechten, bei freien wie bei kontraktlich gebundenen Tagelöhnern,
namentlich auch bei Deputatisten und bei Instleuten*.
Schon in anderem Zusammenhang (S. 483—84) ist erwähnt worden,
daß bei den Instleuten — „der social und wirtschaftlich weitaus
interessantesten Kategorie der ländlichen Arbeiterschaft des Ostens“ —
von nationalökonomischer Seite der Landanweisung die Natur des
Arbeitslohnes abgesprochen wird®, Mit der Landanweisung werde
1 Verhältnisse der Landarb. II, 566 fg., bes. 569 8 5, 579. 581. 584. 586.
595. IIX, 669. 738. — S. auch Landarb. in den evang. Gebieten I, 98 („schwindet
dieses Recht der Naturallöhnung . .. und wird ,.. mit einer bestimmten
Geldsumme abgelöst“).
3 Dafs freilich auch das Umgekehrte vorkommt, nämlich Pacht mit Ent-
geltleistung durch Arbeit, zeigt das Verhältnis der Einlieger, Hochmieter,
Inwohner oder Freileute, d. h. besitzloser Landarbeiter, die von den Bauern
Landnutzung und Wohnung nehmen und als Entgelt nur eine gewisse Zahl
von Arbeitstagen (Tagewerken) leisten. Verhältnisse der Landarb. IIT, 281.
402/3. 500 und sonst, z. B. 110 fg. 151. 157fg. 178. 183. In diesem Fall ist die
Sachnutzung die prinzipale Leistung, Boden und Wohnung wollen vom Bauern
verwertet werden, werden angeboten und nachgesucht, können aber vom Ein-
lieger nicht durch Geld, sondern nur durch Arbeit vergütet werden. Daher wird
hier von Abarbeiten der Miete gesprochen. S. auch S. 687%. — Das Dilemma
Arbeitsvertrag oder Pacht ist ähnlich dem von Kauf und Tausch, falls Sache
gegen Sache gegeben wird. „Die feilgebotene Sache ist als Ware kennt-
lich, und daher liegt, wenn eine Sache und nicht Geld für sie gegeben wird,
ein Kauf vor, denn diese Sache nimmt der Verkäufer an Geldesstatt“: T’höl.
Handelsrecht I $ 251 zu Anm. 5.
3 Dabei giebt es noch viele Varianten, je nachdem Saat und Dung, An-
pflanzung und Beackerung, Jäten und Ernten gänzlich oder teilweise vom
Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer geliefert werden, und — was wichtiger —
je nachdem jahraus jahrein das nämliche Gartenland, oder Ackerbeete „im
Felde“ gewährt werden. S. Verhältnisse der Landarbeiter IIX, 13. 14 und 722,
Stieger, Landarbeiterfrage S. 26.
4 z. B. Verhältnisse der Landarb. I, 163. 169. 171. 185. II, 86. 110 fg.
168. 246. 247 Sp. d und viele andere Stellen. In Bd. III (ostelbisches Deutsch-
land) s. vorzüglich die Tabellen A, — Oben S. 105—6.
= Weber a. a. O0. II, 773 und in Brauns Archiv VII, 4.