Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

718 V. Abschn. Naturalvergütung. 5. Kap.: Verhältnis zu den Grundformen. 
Letzteres gilt z. B. von der Anstellung eines Kapitäns für ein See- 
schiff, vom Dingen einer Wäscherin oder Näherin für die Störarbeit 
auf einen oder mehrere Tage, oder von Gastwirtsgehülfen, Dienstboten, 
Gutsinspektoren, Gesellschafterinnen. Hier wie in den Fällen, in 
welchen Kost und Logis dem Arbeitnehmer eigens zugesagt werden — 
z. B. dem gewerblichen Gesellen oder dem Handlungsgehülfen, dem 
Hülfslehrer, dem Hülfsarzt — wird ganz gewöhnlich nicht bestimmt, 
auf welchen Betrag von Arbeit sich die dem Arbeitnehmer zu ge- 
währende Beköstigung, Behausung, Geldverdienstgelegenheit beziehe. 
Die hieraus erwachsende juristische Frage?, ob die mit den ge- 
dachten Vergütungen versehenen Verträge Zeitlohnverträge oder 
Akkorde sind, ist nach den zwei folgenden Anhaltspunkten zu be- 
antworten: 
l. Wenn die gedachten Naturalvergütungen nicht die einzigen 
sind, sondern in einer von den mehreren möglichen Verbindungen 
mit einer anderen Vergütung auftreten, die ihrerseits als Zeitlohn fest- 
steht, dann teilt sich dieser Charakter der ersteren mit. Der Schiffs- 
kapitän, der Geld als Monatlohn, die Störarbeiterin, die Geld als 
Tagelohn, der Hauslehrer, der Geld als Quartallohn, der Geselle, der 
Geld als Wochenlohn empfängt und damit im Zeitlohnverhältnis steht, 
erhält auch die freie Station, die Kost oder die Wohnung als Zeitlohn, 
und es kann nur noch fraglich sein, welcher Zeitabschnitt für diese 
Naturalvergütungen mafsgebend ist. Nicht minder steht der Gast- 
wirtsgehülfe in Ansehung der ihm eingeräumten Gelderwerbsgelegenheit 
im Zeitlohnverhältnis, wenn hinsichtlich der anderen Vergütung, die 
er aufserdem empfängt, sei es Geld, sei es Kost oder Wohnung, ein 
Zeitlohnverhältnis besteht. Es kann auch hier nur fraglich sein, 
welcher Zeitabschnitt für seinen naturalen Zeitlohn mafsgebend ist. 
Das was hier zweimal für fraglich erklärt worden ist? — nämlich 
ı Vom ökonomischen Standpunkt ist nichts dagegen einzuwenden, 
dafs das Trinkgeld, weil es dem Arbeitnehmer vom Dritten nicht für einen 
Zeitabschnitt gewährt wird, darum dem Akkordlohn an die Seite gestellt 
werde (während es vom Rechtsstandpunkt kein vom Arbeitgeber gewährter 
Lohn ist: S, 700). Daher mag eine aus ökonomischen Rücksichten an- 
gelegte Statistik bei der Scheidung der Mühlen nach dem Lohnsystem die- 
jenigen, in welchen die Gesellen Akkordlohn erhalten, mit denen zusammen- 
rechnen, wo sie auf Trinkgelder angewiesen sind, und den Mühlen gegenüber- 
stellen, „in denen die Gesellen nur Zeitlohn erhalten“: Komm. f. Arbeiterstat., 
Erhebungen Nr. 4: Tab, II Nr. 6, Tab. VI Nr. 8, Tab. VIII Nr. 5 (S. 52. 62. 66) 
und S. 50 al. 5. 
? Bedeutungsvoll z. B. für die Kündigungsfrist bei Dienstverträgen nach 
BGB. 8 621 (oben S. 511/12. 585/86).
	        
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