II. Quantitative Unbestimmtheit. 735
Demgemäfs ist das Patriarchalische einesteils enger, andernteils
weiter als die Naturalvergütung. Sein Name verweist auf das historische
Verhältnis mancher ihrer Arten zur Geldvergütung, die ein neueres
Ansehen hat; aber der zugehörige Begriff ist nicht präcis genug, um
unserer Vergleichung dienlich zu sein.
II. Bei dieser Vergleichung fällt zuerst die quantitative
Unbestimmtheit ins Auge, welche fast allen Arten der Natural-
vergütung anhaftet und in der Mehrzahl ihrer Anwendungen an-
zutreffen ist. Gewifs kann auch bei der Geldvergütung die Höhe im
Vertrag unbestimmt geblieben und dann nach billigem Ermessen oder
nach dem Üblichen, namentlich dem Ortsgebrauch zu bemessen sein
(S. 129—35). Allein in der weit überwiegenden Zahl der Fälle ist
die Höhe der Geldvergütung durch den Arbeitsvertrag fixiert, oder
solche Fixierung dadurch überflüssig gemacht, dafs die Höhe ohnedies
gemäfs einer Taxe oder einem Tarif feststeht. Auch wo der Betrag
der Geldvergütung nur relativ, nämlich als Quote eines noch un-
gewissen Quantums festgesetzt ist, kommt es doch schon vor ihrer
Entrichtung zu absoluter Bestimmtheit des schuldigen Geldbetrags.
Die quantitative Unbestimmtheit der Naturalvergütung ist etwas
von einigen ihrer Arten gar nicht Trennbares, hier also eigentlich
Unbestimmbarkeit. Das gilt vom Umfang einer Erwerbsgelegenheit,
Ihr Ertrag, d. i. die Gröfse dieser Vergütung, läfst sich im voraus
zwar auf Grund der Erfahrung abschätzen (S. 701), aber niemals mit
Sicherheit bestimmen, mögen Geld oder Lebensmittel den Gegenstand
des Erwerbes bilden !. Andere Naturalvergütungen, wie Kost, Wohnung,
Feuerung, Beleuchtung, Ausbildung sind zwar nicht quantitativ un-
bestimmbar, aber es liegt auf der Hand, dafs ihr Umfang nicht so
leicht zu bestimmen ist, wie der der Geldvergütung. An sich haben
die erwähnten Naturalvergütungen den variabelsten Umfang, auch
abgesehen vom Schwanken ihres Geldwertes, woran hier nicht gedacht
wird. Es können z. B. die Nahrungsmittel, die durch Zusage der
„Kost“ versprochen sind, nach dem Bedürfnis des Arbeitnehmers
quantitativ unzulänglich* oder zur Not genügend, oder aber reichlich
‘ „Anderwärts . ;. berichtet ein Referent, dafs er seit 26 Jahren seinen
Leuten mehrere Morgen zur Benutzung (unentgeltlich) überwiesen und mit
seinen Gespannen bestellt habe. Die Leute verlangen aber, dafs ihnen das
Land genommen und dafür ein festes Deputat gegeben werde, da sie nicht
von Mifsernten abhängen wollen“; Verhältnisse der Landarbeiter IM, 195,
Stieger, Landarbeiterfrage S. 29,
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