Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

736 V.Abschn., Naturalvergütung. 7. Kap.: Vergleichung v. Geld-u. Naturalverg. 
sein!. Und wenn 100 Mk. per Monat eine feste Gröfse bildet, wer 
immer der Arbeitnehmer sei, so erhalten dagegen Wohnung und Kost 
einen verschiedenen Umfang, je nachdem sie dem einen oder dem 
anderen Arbeitnehmer geboten werden, indem hier Differenzen in der 
Art der Arbeit wie in Geschlecht, Alter und gesellschaftlicher Stellung 
des Arbeitnehmers wirksam sind. — Andererseits giebt es auch Natural- 
vergütungen, die einer quantitativen Bestimmung leicht zugänglich 
sind und solche auch gewöhnlich in den Arbeitsverträgen finden, Dies 
gilt vorzüglich von den „Deputaten“ verschiedener Konsumtibilien, 
welche ländlichen Arbeitnehmern für sich oder zunächst für ihre Haus- 
tiere zugesichert werden. Ebenso pflegen bestimmte Mengen von 
Hausbrandkohlen den Kohlenhäuern, bestimmte Mafse von Freibier 
den Brauereiarbeitern vertraglich gewährt zu werden. 
Ill. Während die Geldvergütung, sobald feststeht, dals solche zu 
leisten ist, auch der Qualität nach bestimmt zu sein pflegt, ist quali- 
tative Unbestimmtheit etwas der Naturalvergütung in wichtigen 
und verbreiteten Anwendungen Anhängendes. Diese Unbestimmtheit. 
zeigen die Naturalvergütungen, die in Konsumtibilien und in der 
Gelegenheit zum Erwerb solcher bestehen *. 
Selten sind die Umstände, unter denen der Arbeitnehmer einer 
Garantie dafür bedarf, dafs ihm Geld gewisser Währung bezahlt 
werde; ungeheuer dagegen der Spielraum für die Qualität der Lebens- 
mittel, und an der Qualität hieraus bestehender Naturalvergütung ist 
das Wohlbefinden des Arbeitnehmers viel mehr interessiert, als an 
der ungleich weniger mannigfaltigen Qualität des Geldlohnes. Man 
sollte danach nicht erwarten, dals eine Gesetzgebung die Qualität des 
Geldlohnes bestimmen und die jener Naturalvergütung ungeregelt 
lassen werde. Und doch begegnen wir solchem Verhalten in der 
GewO. Nach ihrem $ 115 sind die Gewerbetreibenden verpflichtet, 
„die Löhne (d. h. die Geldlöhne) in Reichswährungz zu berechnen und 
Wort.“ Francke a. a. O0. S. 2078. Wegen Berliner Dienstmädchen siehe 
Stillich, Lage der weiblichen Dienstboten S. 178 (Notwendigkeit, Nahrungs- 
mittel zur Sättigung zu kaufen). 
* „.., dafs die Ernährungsweise der Knechte ... bei den Bauern 
zufolge der ungeheuren dort verschlungenen Quantitäten fast eine übertriebene, 
die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende sei, auch zu einer ungemessenen 
Ausdehnung der Mahlzeitpausen während der Arbeit führe“: Verhältnisse der 
Landarbeiter IIL, 135. Landarbeiter in den evangel. Gebieten II, 166/67. 
. 2 Die Qualität wechselt hier nach der des Landes, das zur Nutzung 
überlassen ist (z. B. Verhältnisse der Landarbeiter II, 521), und hängt ab vom 
Wetter. durch das die Kartoffeln oder Cerealien mif(sraten können.
	        
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