Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

738 V.Abschn., Naturalvergütung. 7.Kap.: Vergleichung v. Geld-u. Naturalverg. 
vergütung bestreiten muß. Dals auf Geldlohn gestellte Arbeitnehmer 
sich zu einer kulturwidrigen Lebenshaltung gezwungen finden, sollte 
dem mit Konsumtibilien lohnenden Arbeitgeber kein Recht geben, mit 
der Qualität auf dieses Niveau herabzugehen. Und ebensowenig sollte 
der Arbeitgeber Klagen über qualitative Unzulänglichkeit der von ihm 
gewährten Lebensmittel schon damit gegenstandslos machen können, dafs 
er diese Lebensmittel als seinen eigenen Ansprüchen genügend aufweist, 
z. B. geltend macht, dafs er die Nahrung mit dem Arbeitnehmer teile *, 
Dafs die in Rede stehenden Naturalvergütungen einer ins Detail 
von Quantität und Qualität gehenden Regelung zugänglich sind (ge- 
nauer als sie SeemO. $$ 44. 45 gewähren), wird nicht bloß durch 
die ins einzelne gehenden Bestimmungen bewiesen, die zu gunsten der 
überseeischen Auswanderer für die solchen Arbeitgebern zu machenden 
Naturalleistungen getroffen sind ®, sondern auch durch Polizeiverord- 
nungen, die für gewisse Arbeitsverhältnisse die Naturalvergütung fest- 
setzen, weil sich bei denselben Mifsstände besonders oft und in be- 
sonders hohem Grade gezeigt haben?ß. 
ı Anders GesindeO. f. d. Königr. Sachsen $ 53: „Jede Klage des Gesindes 
über die Beschaffenheit der Speisen erledigt sich, sobald dasselbe die nämliche 
Kost erhält, welche der Dienstherr mit den Seinigen selbst geniefst.“ Zu den 
häufigen „Klagen der Arbeitgeber, dafs die Arbeiter mit der Hauskost, wie 
sie der Prinzipal und dessen Familie mitessen, nicht mehr zufrieden seien“, 
bemerkt Württemb. Fabrikinsp. f. 1898 S. 45/6, „dafs der unabhängige Arbeit- 
geber sich aufserhalb der regelmäfsigen Mahlzeiten leicht anderweitig nach- 
helfen kann, der abhängige Arbeiter aber nicht“. 
2 Bekanntmachung betr. Bestimmungen über den Geschäftsbetrieb der 
Auswanderungsunternehmer und Agenten (v. 14. März 1898, RGBIl. S. 39—56, 
namentlich $ 5 Nr. 19—22. $ 7 Nr. 24—27. 8 9 Nr. 15—18) und Bekanntmachung 
betr. Vorschriften über Auswandererschiffe (gleiches Datum, RGBIL S. 57—92). 
Wenn man hier die gesellschaftliche Fürsorge auf Gröfse, Lage, Zugänge, 
Beleuchtung, Ventilation, Heizung und Reinhaltung der Wohn- und Schlaf- 
räume, Ausrüstung der Lagerstätten, Menge und Arten der Nahrungs- und 
Genufs-, Arznei- und Desinfektionsmittel u. s. w. sich erstrecken sieht, so 
kann man sich vorstellen, dafs die gesetzliche Regelung der in Kost- und 
Logisgewährung bestehenden Naturalvergütung zum Wohle von Arbeit- 
nehmern auf einen entsprechenden Grad der Ausbildung gebracht werden 
kann. Für die Seeschiffsmannschaft bestehen detaillierte landesrechtliche Ver- 
ordnungen. Das Bedürfnis behördlicher Kontrolle begründet: Ein Notschrei 
der seemänn. Arbeiter, Denkschrift des Seemannsverbandes (1901) S. 1835 fg. 
3 z. B. für Ziegeleiarbeiter bestehen einige Polizeiverordnungen in 
Preufsen, Hessen und Bremen, welche eingehende Vorschriften über die 
Wohn- und Schlafräume und deren Ausstattung enthalten: Landesbehördliche 
Arbeiterschutzvorschriften, zusammengestellt im Reichsamt des Innern (1897) 
Nr. 86—102 und S. 103—5. Wegen Polizeiverordnungen über die Behausung 
von Wanderarbeitern s. Verhältnisse der Landarhbeiter II. 465 und den Ent-
	        
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