Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

{II. Bedürfnis genereller Regelung der Qualität. 739 
Eine generelle Regelung durch Gesetz oder Verordnung, welche 
mehr bietet als die erwähnten Sätze des BGB. und des HGB. oder 
88 242. 243 BGB., ist darum unerläßlich, weil die Qualitätsbestimmung 
der in Naturalien bestehenden Vergütung bei der Schliefsung des 
Arbeitsvertrags nur sehr selten vorkommt. Kulturwidrige Unempfind- 
lichkeit gegen die möglichen Unterschiede in jener Naturalvergütung 
oder das Gefühl der Ohnmacht des einzeln kontrahierenden Arbeit- 
nehmers verhindern die Aufnahme jener Bestimmung und bewirken, 
dafs der Arbeitnehmer, ohne Kenntnis von der Beschaffenheit der ihm 
zugesagten Naturalleistung erlangt zu haben, sich zu ihrem Empfang 
bereit erklärt (vgl. S. 2281), sich gar in die Hausgemeinschaft auf- 
nehmen läfst. Andererseits lehrt die Erfahrung, dafs jene Unempfind- 
lichkeit keine ausnahmslose ist und dafs Arbeitnehmer, gestärkt durch 
eine Konjunktur des Arbeitsmarktes oder durch Vereinigung mit 
ihresgleichen, nicht blofs die Qualitätsunterschiede zu würdigen, sondern 
auch gewisse Mindestleistungen auszubedingen wissen. Dalfs sonst die 
Unbestimmtheit der Qualität dem Schuldner der Vergütung, dem 
Arbeitgeber, zum Vorteil gereicht, läflst sich denken!. — 
Den Beweis endlich — falls es eines solchen bedürfen sollte — 
für die Behauptung, dafs sich die Naturalvergütung, die in Gewährung 
von Konsumtibilien besteht, durch qualitative Unbestimmtheit von der 
Geldvergütung unterscheidet, diesen Beweis kann man dadurch führen, 
dafs man einige von den zahlreichen Beschwerden und Feststellungen 
beibringt, die das Obwalten sehr geringer Qualitäten zeigen, während 
Entsprechendes beim Geldlohn nicht vorkommt. Andererseits wird 
niemand bezweifeln, daß jene Naturalvergütung auch in vollauf be- 
friedigenden Qualitäten anzutreffen ist, nicht bloß wo es sich um 
höhere Angestellte handelt, die ihre höheren Ansprüche gewöhnlich 
nicht erst geltend zu machen brauchen. 
wurf in Zeitschr. f. Medizinalbeamte XIII, 187. 188. Für Bäckereiarbeiter ver- 
langt eine Polizeiverordnung für Unterelsafs ein Bett pro Person: Sociale 
Praxis VIII, 1084. Wegen der Gastwirtsgehülfen s, Komm. f. Arbeiterstat., 
Verhandlungen Nr. 16 S. 55. 70. 87 und Trefz, Wirtsgewerbe S. 176. Die 
Dresdner Wohnungsordnung (vom 10. März 1898) enthält detaillierte Bestim- 
mungen über Arbeiterwohnungen und Schlafstellenwesen (Sächs, Fabrikinsp. 
f. 1898 S. 37. 838). S. ferner Amtl. Mitteil. a. d. Jahresber. f. 1898 S. 216. 252° 
253. — Wegen der Kontrolle „der für die Unterkunft der Lehrlinge bestimmten 
Räume“ durch die Innungen und Handwerkskammern s. GewO. $8 94c. 1082. 
Nelken, Handwerker- und Arbeiterschutzgesetze S. 139 Nr. 7. 
1 Schuhmachermeister lassen das Logisgeben fallen, sobald sie ordent- 
liches zu gewähren von der Obrigkeit angehalten werden: Bericht des Bremer 
Arhbeitersekretariates für 1900 S. 70.
	        
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