III. Unbestimmtheit der Naturalvergütung als Streitquelle. 741
richtung von Arbeiterwohnungen in Trakehnen (April 1897) gepflogen
wurden.
Auf die Art der Behausung vieler Gastwirtsgehülfen, die in die
häusliche Gemeinschaft ihres Arbeitgebers aufgenommen sind, werfen
einige Äufserungen Licht, die vor der Kommission für Arbeiterstatistik
von Beteiligten gethan worden sind ?*. Man ersieht aus diesen schlichten
Angaben, dafs es bei den Wohnungen jener Arbeitnehmer nicht blofs
auf Größe, Lage, Helligkeit u. s. w. ankommt, sondern dafs auch in
der Regelung der‘ Benutzung schwer gefehlt werden kann, falls ein
Raum mehreren zugeteilt ist. — Auf die mangelhafte, nicht selten
abscheuliche Qualität der Behausung, die als Vergütung in vielen
anderen Gewerben, auch im Handelsgewerbe, vorkommt, braucht hier
nicht eingegangen zu werden; zahlreiche amtliche und private Unter-
suchungen, deren Ergebnisse leicht zugänglich sind, zeigen in juristischer
Hinsicht die große Mannigfaltigkeit dieser Vergütung, in thatsäch-
licher Hinsicht, welche schweren Opfer von Behagen und Menschen-
würde Arbeitnehmern jener Gewerbe zugemutet und von ihnen ge-
bracht werden®. —
Die zwei bisher besprochenen Unterschiede, die Unbestimmtheit
der Quantität und der Qualität, die den meisten Arten des Natural-
lohnes eigen sind, haben gemein, dafs sie das Arbeitsverhältnis mit
Störungen bedrohen, wie sie vom Geldlohn nicht auszugehen pflegen.
Mit der Naturalvergütung ist wegen jener Unbestimmtheit eine größere
Reibungsfläche gegeben *.
cd
ar
4m:
‘ Vgl. Stadthagen in Neue Zeit XVII. Jahrg. II, 788, 789.
Verhandlungen Nr. 16 S. 12. 31. 45. 74. 85. 87.
* S. vorzüglich Württemb. Fabrikinsp. f. 1898 S. 126, Badische f. 1896
3. 130 fg. („es wird auch die ganze Existenz solcher Arbeiter auf ein sehr
niederes Niveau herabgedrückt, da ihnen die Möglichkeit genommen ist, auch
nur eine Stunde des Tages allein sein zu können“). Ferner z. B. Bebel,
Lage der Arbeiter in den Bäckereien, passim. Arnold, Münchener Bäcker-
gewerbe S. 71. 72. Francke, Schuhmacherei S, 207. Lage des Handwerks
VII, 483/84. Gewerbegericht II, 75. Die Lage der Fleischergesellen Berlins
und der Vororte S. 11—18. Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener
Lohnarbeiterinnen S. 76. 150. 442. Adler, Lage der Handlungsgehülfen
S. 34. — Es ist eine Rechtsbeugung bona mente, wenn man, um die polizei-
liche Kompetenz zu begründen, zu den „Arbeitsräumen“ der GewO. 8 120s
auch die vom Arbeitgeber gewährten Schlafräume rechnet. v. Schulz,
Gutachten zum Wohnungswesen im Bäcker- und Konditorengewerbe: Sociale
Praxis X, 185—87. Die staatliche Wohnungsaufsicht bedarf nicht jener Be-
gründung: a. a. O0. Sp. 950.
4 z. B. Verhältnisse der Landarbeiter II, 599: „Der Arbeitgeber löst die
Naturalleistungen wie Beköstigung u. s. w, für seine Arbeiter mit Geld-