II. Inhalt des Tarifvertrags. Schranken des Inhalts. 759
worden. Unter dem Einfluls seiner Schriften, sowie einer Darstellung
der in England üblichen kollektiven Vertragschliefßung in dem Buche
von S. und B. Webb hat sich die geläufige Erkenntnis der sozial-
politischen Leistungsfähigkeit des Tarifvertrags ausgebildet.
Nunmehr ist aber auch seine juristische Behandlung zum Be-
dürfnis geworden. Denn seine immer zahlreicher werdenden Abschlüsse
können nicht verfehlen, den Gerichten mehrere Gelegenheit zur Be-
urteilung zu geben, sobald in seinen Bereich fallende Arbeitsverträge
streitig werden. Und auch ohne diesen praktischen Zweck mulfs sich
die Jurisprudenz aufgefordert finden, das Ihrige zur Pflege eines In-
stituts beizutragen, das sich ohne Zuthun der Gesetzgebung rein natur-
wüchsig im Kreise der Interessenten entwickelt hat?.
II. Der Thatbestand des Tarifvertrags wird bestimmt durch seinen
Inhalt und durch seine Form. Der Inhalt der Tarifverträge bietet,
wenn man auch nur die Exemplare überblickt, welche durch die ephe-
mere und die bleibende Litteratur zur allgemeinen Kenntnis gelangen,
die gröfste Mannigfaltigkeit, was bei der Vielfältigkeit der Anlässe
zu kollektiver Vertragschlielsung und bei der Verschiedenheit der in
Frage kommenden Berufe wohl begreiflich ist.
Vorab ist auf einige nahe liegende Schranken des Inhalts zu ver-
weisen. Wo Gesetze von einer durch sie gegebenen Ordnung aus-
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ı Webb, Theorie und Praxis der englischen Gewerkvereine (deutsch
von Hugo) I, 154—98. II, 74—77. Der Tarifvertrag, da er eine gewisse
Fixierung der Vergütung bezweckt, ist eine Äufserung der Lohnpolitik, und
insofern er ein Sinken des Lohnes unter eine bestimmte Grenze hindern soll,
gehört er zur Politik des Minimallohnes. Mit Bezug hierauf Zwiedineck-
Südenhorst, Lohnpolitik und Lohntheorie (1900) S. 231—36, 302—306. 368 fg.
379—97. Klien, Minimallohn und Arbeiterbeamtentum (1902) S. 36. 78-—117,
135. 145 fg. — S. ferner Schmoller in Sociale Praxis XI, 221. 244, 420. 451.
? Eine vorwiegend juristische Behandlung giebt Lotmar, Die Tarif-
verträge zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, in Brauns Archiv XV,
1—122 (1900). Hieran knüpft die oben folgende Darstellung an, unter Weg-
lassung der meisten früher beigebrachten Belege und mit Beschränkung auf
die juristische Seite, von der nur die Grundzüge erörtert werden. Wegen
der anderen Seiten, ferner wegen der Abschliefsung und Vermittlung des
Tarifvertrags, sowie seines Verhältnisses zur Koalition wird auf den citierten
Aufsatz verwiesen. — Vgl. auch Sulzer, Die kollektive Vertragschliefsung
zwischen Arbeitern und Arbeitgebern (Bern 1900. Vortrag) und Burchardt,
Rechtsverhältnisse der gewerblichen Arbeiter S. 84—87. Ein von Sulzer
redigierter Vorschlag gesetzlicher Regelung des Tarifvertrags ist in den
Monatsblättern des schweizer. Arbeitersekretariates, Juni 1900, und danach
in Soeciale Praxis XI, 8349—51 veröffentlicht worden. Zur Gesetzgebung s,
auch Lotmar a, a. O0. S. 117—21. Genfien Ale, 7 Beten m Zn dytbern Kg rad ne Tan
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