Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

760 VI. Abschn. Tarifvertrag. 1. Kap.: Thatbestand. 
sprechen, dafs daran nicht oder nicht in gewisser Art durch Verein- 
barung geändert werden könne, und wo sie solche abweichende 
Übereinkünfte für nichtig erklären, gelten ihre Verfügungen auch vom 
Tarifvertrag !. Was ferner wegen Verstolßses gegen ein Gesetz oder 
gegen die guten Sitten nicht zum Inhalt eines Arbeitsvertrags gemacht 
werden kann, ist natürlich auch dem Tarifvertrag entzogen. Der Vor- 
behalt, welchen GewO. $ 134c für die Rechtsverbindlichkeit des In- 
halts einer Arbeitsordnung macht — „soweit er den Gesetzen nicht 
zuwiderläuft“ —, begreift den Verstols wider die guten Sitten?. Der 
gleich umfassende Vorbehalt ist für den Inhalt eines Tarifvertrags zu 
machen. Soweit z. B. die Ausbedingung der Aufrechnung gegen die 
Lohnforderung gesetzlich unstatthaft ist (S. 408. 409), kann sie auch 
nicht durch Tarifvertrag geschehen, und ebenso treffen die Schranken 
der Ausbedingung von Lohneinbehaltung und Lohnverwirkung den 
Tarifvertrag. Wenn GewGerGes. $ 6 „Schiedsverträge, durch welche 
die Zuständigkeit der Gewerbegerichte für künftige Streitigkeiten aus- 
geschlossen wird“, nur unter gewissen Bedingungen rechtswirksam 
werden läfst, so gilt das auch von den schiedsvertraglichen Be- 
stimmungen, die in einen Tarifvertrag gelangen. Insofern eine die 
Koalitionsfreiheit einer Partei beschränkende Abrede als wider die 
guten Sitten verstossend nicht in einem Arbeitsvertrag getroffen werden 
kann (S. 218*. 621 zu *), ist sie auch vom Tarifvertrag ausgeschlossen. 
Das Nämliche gilt von Ausbedingung vertragszeitlicher Imparität 
(S. 522°) und von Einschränkung oder Aufhebung der Rechtswohlthat 
des $ 616 BGB. — 
Der vorkommende zulässige Inhalt von Tarifverträgen zerfällt 
in folgende drei Gruppen von Bestimmungen: 
1. Die transitorischen. Sie beziehen sich größtenteils auf 
feindselige Akte, welche anläfslich der durch den Tarifvertrag auf- 
zuhebenden Differenzen von den Parteien gegeneinander unternommen 
worden sind, meist zur Stärkung der eigenen oder zur Schwächung 
der fremden Kampfposition (z. B. S. 2612). Solche betreffen die Wieder- 
aufnahme der Arbeit, insofern ein Streik vorliegt, sowie die Aufhebung 
von Sperre und Boykott; andererseits die Sistierung der Aussperrung, 
den Widerruf schwarzer Listen, die Wiedereinstellung, die Rücknahme 
von Kündigungen (vgl. S. 574. 577). Ebenso die Unterlassung von 
„Mafßregelungen“ (einschließlich der Verunglimpfung sog. Arbeits- 
1 z. B. BGB. $ 619, GewO. 8 122 (S. 589/90). $ 13832 Abs. 4. HGB. 88 63 
Abs. 2. 64 Satz 2. 67 Abs. 4. KrVG. 8 80. InvVG. 8 180. GewUVG. 8 141. 
BauUVG. $ 45 Abs. 2, Land- und forstwirtschaftl. UVG: $ 152. SeeUVG. $ 139. 
3 Vgl. Koehne, Arbeitsordnungen S. 235. 237—839, 259.
	        
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