778 VI. Abschn. Tarifvertrag, 2. Kap.: Rechtswirkung.
tragsbruch der einen Partei die andere ihres Wortes entbinde. Zu
den Mafsregeln, welche innerhalb einer Partei bei Vertragsbruch eines
Genossen gebraucht werden, gehört, vorzüglich bei den Arbeitgebern,
wieder die Konventionalstrafe, deren Einziehung durch Wechselhinter-
legung vorbereitet wird. Dazu kommt, bei beiden Parteien angewandt,
der Ausschluls aus der eigenen Organisation, gegen deren Interesse
der Vertragsbrüchige verstofsen hat!. Endlich wird das Koalitions-
interesse an der Einhaltung des Tarifvertrags auf Seiten der Arbeit-
nehmer bisweilen noch dadurch wahrgenommen, dafs der Verband,
welchem die vertragsbrüchige Arbeiterschaft angehört, ihr, wenn es
aus Anlafs ihrer Tarifuntreue zum Ausstand gekommen ist. die Streik-
unterstützung versagt.
Nur die im. vorausgehenden angeführten, auf besonderen Abreden
der Beteiligten beruhenden oder in Handlungen und Unterlassungen
einer Vertragspartei bestehenden Vorgänge pflegt man in nichtjuristi-
schen Kreisen, namentlich denen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer,
im Auge zu haben, wenn man sich über die Haltbarkeit und Wirk-
samkeit der Tarifverträge ausspricht.. Und mit Rücksicht auf die er-
wähnten Aktionen geschieht es, dafs man in jenen Kreisen die soeial-
politische Empfehlung des Abschlusses von Tarifverträgen stets an die
Bedingung knüpft, daß beiderseits zahlreiche und zahlungsfähige
Organisationen vorhanden seien, die sich für die Durchführung der
Tarifverträge einzusetzen vermögen.
III. Hingegen die juristische Erörterung des Tarifvertrags hat
die reinen Rechtsfolgen desselben aufzuzeigen, nämlich Rechtswirkungen,
die sich, wie sonst die Rechtswirkungen von Verträgen, an ihn knüpfen
ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Schwäche oder Widerstands-
kraft der Parteien, und Rechtswirkungen, die eintreten, auch ohne
dafs besondere Vorkehrungen für ihren Eintritt getroffen worden sind.
Solche Rechtswirkungen hat in der That der Tarifvertrag. Sie gründen
sich auf das, was von seinen Parteien an faktischen Wirkungen durch
den Vertrag erstrebt und was demnach von den Parteien im Vertrag
zelbst ausbedungen wird. Beides hat sich unter Nr. II ergeben. Es
der Lage, einander rechtlich bindende Strafversprechen zu geben. Von der
hierdurch begründeten vermögensrechtlichen Haftung gilt in Ermangelung
anderer Abrede BGB. 8 54 Satz 2. Des weiteren s. Loewenfeld in Staudingers
Komm. z. BGB. I, 157. 158.
1 Hierher auch Ausschlufs eines Vereins aus einem Gewerkschaftskartell,
weil der Arbeitsnachweis des Vereins Stellen zu tarifwidrigen Bedingungen
vermittelt.