780 VI. Abschn., Tarifvertrag. 2. Kap.: Rechtswirkung.
die gesetzliche Fristbestimmung ebenso wegbedungen ist, wie wenn
die Ausschaltung‘ unmittelbar im Arbeitsvertrag erfolgt wäre. Es kann
nicht die Geltung der gesetzlichen Befristung unter Berufung darauf
behauptet werden, dafs nichts anderes verabredet worden sei. Wieder
kommt es nicht darauf an, daß die Kontrahenten des Arbeitsvertrags
vom Willen beseelt waren, die Vorschrift des Tarifvertrags in ihren
Arbeitsvertrag aufzunehmen. Alle diese Annahmen sind natürlich auch
für diejenigen Rechtssätze zu machen, welche dispositiv sind, ohne
es so deutlich zu erklären, wie der angeführte, z. B. BGB. $ 614
Satz 2 (S. 367): die tariıfvertragliche Regelung der Zahlungszeit teilt
sieh den Arbeitsverträgen ohne weiteres mit.
IV. Daß der Arbeitsvertrag durch den Tarifvertrag von Rechts
wegen ergänzt wird, indem nach der Intention der Urheber des Tarif-
vertrags die Kontrahenten des Arbeitsvertrags diesem den Tarifvertrags-
inhalt nicht erst zu verleihen brauchen, würde nicht ausschliefsen,
dafs sie ihm einen von jenem abweichenden Inhalt verleihen können.
Indessen wird, wie wir unter II sahen, der Tarifvertrag in der Ab-
sicht und mit dem Versprechen eingegangen, dafs von ihm abweichende
Arbeitsverträge nicht geschlossen werden sollen, und die ihm zu-
gedachte Rechtswirkung besteht darin, mafsgebend zu sein für alle
Arbeitsverträge, welche in seinem Geltungsbereich geschlossen werden.
Dieser Effekt kann rechtlich anders nicht erreicht werden, als dafs
jene Arbeitsverträge als tarifvertragsmälsig geschlossen behandelt
werden, auch wenn die Parteien einen vom Tarifvertrag abweichenden
Inhalt aufgenommen haben. Gegenüber dem kollektiven im Tarif-
vertrag fixierten Willen ist daher der im Arbeitsvertrag geäufserte
individuelle nicht blofßs überflüssig, sondern auch ohnmächtig!. Ohn-
mächtig ist er nicht nur insofern die Regeln des Tarifvertrags sich
nicht durch den Arbeitsvertrag derogieren lassen — was sich in
Nichtigkeit des Arbeitsvertrags äufsern könnte, bei dem solehe Dero-
gation unternommen wurde —, sondern sogar in dem Sinn, dafs
die Parteien des Arbeitsvertrags nicht verhindern können, daß ihr
Arbeitsvertrag mit denjenigen Bedingungen zu stande kommt, welche
die Parteien des Tarifvertrags für alle Arbeitsverträge im voraus
festgesetzt haben. Die abweichende Abrede ist nicht eigentlich nichtig
und darum nicht der Vertrag als teilweise nichtig zu betrachten,
sondern es findet die individuelle Abrede, soweit die generelle
i Zustimmend Koehne, Arbeitsordnungen S. 260 zu Anm. 2.