Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

784 VI. Abschn., Tarifvertrag. 2. Kap.: Rechtswirkung. 
Arbeits-, Zahlungs- und Vertragszeit bei ihren Arbeitsverhältnissen 
zu machen wünscht (vgl. S. 4802)1. 
Unsere Annahme, dafs der Arbeitsvertrag von der Arbeitsordnung 
nicht abweichen könne, wird durch $ 134° Abs. 2 bestätigt?. Denn 
hierdurch werden in Ausführung der generellen Vorschrift des Abs. 1 
einige Bestimmungen der Arbeitsordnung speziell für dem Arbeits- 
vertrag übergeordnet erklärt, insofern als sie nicht eine Änderung 
durch Erweiterung mittelst Arbeitsvertrags dulden. Dafs hier nur 
dieser Art der Änderung gedacht ist, bedeutet nicht, dafs eine andere 
zulässig sei®s. Und noch weniger liegt ein Anhalt für fernere Argu- 
mentation e contrario vor, nämlich für den Schluls, dafs, weil Abs. 2 
aur zweier Bestimmungen der Arbeitsordnung gedenke, die Disposition 
über alle anderen mittelst Arbeitsvertrags freistehe, Diese Folgerung 
steht auf schwachen Füßen, denn das Gesetz konnte sich auf die 
Anführung jener zwei Bestimmungen auch aus dem Grunde beschränken, 
weil hier ein Separatabkommen näher liegend und eine individuelle 
Behandlung für den Arbeitnehmer besonders empfindlich ist. Wie 
wenig es dem Gesetzgeber bei $ 134c Abs. 2 darum zu thun war, die 
Grenzen der Unabdingbarkeit der Arbeitsordnung zu bestimmen und 
damit die Basis für die Argumentation e contrario zu geben, geht 
daraus hervor, dafs er im ersten Satz die Vereinbarung durch Arbeits- 
vertrag nicht blofs der Arbeitsordnung, sondern auch dem Gesetz 
‘88 123. 124) gegenüberstellt, und dal er im zweiten Satz direkt 
nur die Verhängung, nicht die Vereinbarung aulser der Arbeitsordnung 
liegender Strafen ausschliefst. Er hebt damit nur das ihm praktisch 
am wichtigsten erscheinende hervor. Dafs damit der Ausschluß in- 
Jividueller Verfügung nicht erschöpft sein sollte, ersieht man auch 
aus & 134b Nr. 2: „Ausnahmen können nur von der unteren Ver- 
waltungsbehörde zugelassen werden“ *. 
i Aufserdem bestimmt GewO. $ 134*: „Für die einzelnen Abteilungen 
les Betriebs oder für die einzelnen Gruppen der Arbeiter können besondere 
Arbeitsordnungen erlassen werden.“ 
2 „Andere als die in der Arbeitsordnung oder in den $$ 123 und 124 
vorgesehenen Gründe der Entlassung und des Austritts aus der Arbeit dürfen 
‚m Arbeitsvertrage nicht vereinbart werden. Andere als die in der Arbeits- 
ordnung vorgesehenen Strafen dürfen über den Arbeiter nicht verhängt 
werden.“ Wenn sie nicht verhängt werden dürfen, so können sie auch 
nicht gültig im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Das Nichtdürfen des 
arsten Satzes ist ebenfalls rechtliche Unmöglichkeit. 
8 Es kann z. B. von den in der Arbeitsordnung aufgestellten Gründen 
des Austritts aus der Arbeit nicht einer oder der andere durch Arbeitsvertrag 
wegbedungen werden, 
4 Die oben angenommene Unabdingbarkeit der Arbeitsordnung wird,
	        
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