II. Abgrenzung des „Vertragsgebietes“, — III. Zeitlicher Geltungsbereich. 7971
auch sonst für die ungehemmte Funktion des Vertrags zu sorgen
haben (S. 761). Bei den zahlreichen das Baugewerbe bildenden Be-
rufen, deren Arbeitsstätten zwar unbeweglich aber ungemein wechselnd
sind, besteht die Abgrenzung des „Vertragsgebietes“ eines Tarifvertrags,
der sich auf eine Stadt und deren Umgebung bezieht, darin, dafs alle
die Dörfer, Weiler u. dgl. namhaft gemacht werden, welche als zur
Umgebung gehörig gelten sollen; oder es werden umgekehrt manche
zu der Umgegend zählbare Ortschaften ausgeschlossen. Es kommt
wohl gerade im Baugewerbe einmal vor, dafs ein Arbeitgeber, der
sich dem Tarifvertrag unterwirft, doch für einzelne seiner Bauten
Vorbehalte macht, diese in den räumlichen Geltungsbereich des Tarif-
vertrags nicht einbezogen wissen will. Andererseits wird in manchen
Tarifverträgen Vorsorge getroffen, dafs, wenn ein innerhalb des
Geltungsbereichs geschlossener Arbeitsvertrag auswärts und zwar an
einem Ort zu vollziehen ist, dessen Tarifvertrag den Arbeitnehmern
günstigere Bedingungen gewährt, diese für ihre dort zu vollziehenden
Arbeitsverträge maßgebend seien!; dies wird in ihrem wie im Interesse
der auswärtigen Kollegen vereinbart. Endlich verknüpft sich mit der
räumlichen Geltung eines Tarifvertrags, wofern sie durch Arbeits-
verträge realisiert wird, noch eine heilsame indirekte Wirkung, eine
Wirkung in die Ferne. Die Verbesserung der Position der Arbeit-
uehmer einer Stadt durch den Abschluß eines Tarifvertrags kommt
auch ohne solchen den Arbeitnehmern in den benachbarten Land-
bezirken zu gute?; sie ruft dort dem Inhalt des Tarifvertrags ent-
sprechende Üsancen hervor.
III. Der zeitliche Geltungsbereich des Tarifvertrags ist die
Dauer des durch diesen Vertrag geschaffenen Rechtsverhältnisses.
Der Anfang desselben fällt mit dem Abschlufs des Vertrags zusammen,
wenn nicht ein späterer Anfangstermin verabredet worden ist®% Es
kommt auch vor, dal gewissermalsen mehrere Anfangstermine ver-
einbart werden, indem für den Beginn der Geltung eines Lohnsatzes
eine Zeit und für den an die Stelle tretenden höheren Lohnsatz eine
folgende Zeit u. s. f. bestimmt wird*. Solche im voraus erfolgende
1 Tarifvertrag der Maurer und Zimmerer von Elmshorn (1. Mai 1900 bis
1902), der Zimmerer von Strasburg i. U. (1. März 1901—083).
2 „so dafs die Zahl der davon Betroffenen doppelt so hoch ist, als sie
durch die Statistik aufgeführt wird“. Malerkalender 1902 S, 64.
8 Letzteres vornehmlich da, wo die Vertragsproposition durch Vermitt-
lung des Einigungamtes gemacht wird, z. B. Soc. Praxis IX, 130.
4 z. B. Tarifvertrag für das Maurergewerbe in Berlin (Juni 1899): „Der
Lohn beträgt bis zum 31. Dezember 1899 einschliefslich 60 Pf. pro Stunde.