Full text: Kritik des Gothaer Programms

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VORWORT VON ENGELS 
Das hier abgedruckte Manuskript — der Begleitbrief an Bracke 
sowohl wie die Kritik des Programmentwurfs — wurde 1875 kurz 
vor dem Gothaer Einigungskongreß an Bracke zur Mitteilung anGeib, 
Auer, Bebel und Liebknecht und spätem Rücksendung an Marx ab 
gesandt. Da der Haller Parteitag die Diskussion des Gothaer Pro 
gramms auf die Tagesordnung der Partei gesetzt hat, würde ich glau 
ben, eine Unterschlagung zu begehn, wenn ich dies wichtige — viel 
leicht das wichtigste — in diese Diskussion einschlagende Akten 
stück der Öffentlichkeit noch länger vorenthielte. 
Das Manuskript hat aber noch eine andere und weiterreichende 
Bedeutung. Zum erstenmal wird hier die Stellung von Marx zu der 
von Lassalle seit dessen Eintritt in die Agitation eingeschlagnen Rich 
tung klar und fest dargelegt, und zwar sowohl was die ökonomischen 
Prinzipien wie die Taktik Lass alles betrifft. 
Die rücksichtslose Schärfe, mit der hier der Programmentwurf zer 
gliedert, die Unerbittlichkeit, womit die gewonnenen Resultate aus 
gesprochen, die Blößen des Entwurfs aufgedeckt werden, alles das 
kann heute, nach fünfzehn Jahren, nicht mehr verletzen. Spezifische 
Lassalleaner existieren nur noch im Ausland als vereinzelte Ruinen, 
und das Gothaer Programm ist in Halle sogar von seinen Schöpfern 
als durchaus unzulänglich preisgegeben worden 1 . 
Trotzdem habe ich einige persönlich scharfe Ausdrücke und Ur 
teile da, wo dies für die Sache gleichgültig war, ausgelassen und 
1 Der Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Halle, der 
erste nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes, beschloß am 16. Oktober 1S90 
auf Vorschlag von Wilhelm Liebknecht, dem Hauptverfasser des Gothaer Pro 
gramms, für den nächsten Parteitag einen neuen Programmentwurf auszu 
arbeiten. Das neue Programm der deutschen Sozialdemokratie wurde im Oktober 
1891 auf dem Erfurter Parteitag („Erfurter Programm“) angenommen. Die Red.
	        
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