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könnte, alle und jede Verantwortlichkeit mit der Partei, die es an
erkennt, abzulehnen.
Im allgemeinen kommt es weniger auf das offizielle Programm
einer Partei an, als auf das, was sie tut. Aber ein neues Programm
ist doch immer eine öffentlich aufgepflanzte Fahne, und die Außen
welt beurteilt danach die Partei. Es sollte daher keinenfalls einen
Rückschritt enthalten, wie dies gegenüber dem Eisenacher. Man
sollte doch auch bedenken, was die Arbeiter anderer Länder zu
diesem Programm sagen werden; welchen Eindruck diese Knie
beugung des gesamten deutschen sozialistischen Proletariats vor dem
Lassalleanismus machen wird.
Dabei bin ich überzeugt, daß eine Einigung auf dieser Basis kein
Jahr dauern wird. Die besten Köpfe unserer Partei sollten sich dazu
hergeben, auswendig gelernte Lassallesche Sätze vom ehernen Lohn
gesetz und der Staatshilfe abzuleiern? Ich möchte z. B. Sie dabei
sehen! Und täten sie es, ihre Zuhörer würden sie auszischen. Und
ich bin sicher, die Lassalleaner bestehen gerade auf diesen Stücken
des Programms wie der Jude Shylock auf seinem Pfund Fleisch. Die
Trennung wird kommen; aber wir werden Plasselmann, Hasenclever
und Tölcke und Konsorten wieder „ehrlich gemacht" haben; wir
werden schwächer und die Lassalleaner stärker aus der Trennung
hervorgehen; unsere Partei wird ihre politische Jungferschaft ver
loren haben und wird nie wieder gegen Lassallephrasen, die sie eine
Zeitlang selbst auf die Fahne geschrieben, herzhaft auftreten können;
und wenn die Lassalleaner dann wieder sagen: sie seien die eigent
lichste und einzige Arbeiterpartei, unsere Leute seien Bourgeois, so
ist das Programm da’, um es zu beweisen. Alle sozialistischen Maß
regeln darin sind ihre, und unsere Partei hat nichts hineingesetzt als
Forderungen der kleinbürgerlichen Demokratie, die doch auch von
ihr in demselben Programm als Teil der „reaktionären Masse" be
zeichnet ist!
Ich hatte diesen Brief liegenlassen, da Sie doch erst am 1. April
zu Ehren von Bismarcks Geburtstag freikommen und ich ihn nicht
der Chance des Abfassens bei einem Schmuggelversuch aussetzen
wollte. Da kommt nun gerade ein Brief von Bracke, der auch wegen
des Programms seine schweren Bedenken hat und unsere Meinung
wissen will, Ich schicke ihn daher zur Beförderung an ihn, damit er
ihn lese und ich den ganzen Kram nicht noch einmal zu schreibe n
brauche, übrigens habe ich Ramm ebenfalls klaren Wein einge