Full text: Kritik des Gothaer Programms

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schenkt, an Liebknecht schrieb ich nur kurz. Ich verzeihe ihm nicht, 
daß er uns von der ganzen Sache kein Wort mitgeteilt (während 
Ramm und andere glaubten, er habe uns genau unterrichtet), bis es 
sozusagen zu spät war. Das hat er zwar von jeher so gemacht — und 
daher die viele unangenehme Korrespondenz, die wir, Marx sowohl 
wie ich, mit ihm hatten — aber diesmal ist es doch zu arg, und wir 
gehen entschieden nicht mit. 
Sehen Sie, daß Sie es einrichten, im Sommer herzukommen, Sie 
wohnen natürlich bei mir, und wenn das Wetter gut, können wir ein 
paar Tage seebaden gehen, das wird Ihnen nach dem langen Brum 
men recht nützlich sein. 
Freundlichst 
Ihr F. E. 
Erstmalig veröffentlicht in 
August Bebel, Aus meinem Leben, 
Zweiter Teil, Stuttgart 1911. 
BRIEF AN WILHELM BRACKE 
London, 11. Oktober lS'/ö. 
Lieber Bracke, 
Ich habe die Antwort auf Ihre letzten Briefe, den letzten vom 
28. Juni, bisher verzögert, einerseits weil Marx und ich während 
sechs Wochen nicht beieinander waren — er in Karlsbad und ich 
an der See, wo ich den „Volksstaat" nicht sah — und dann weil ich 
ein wenig abwarten wollte, wie sich die neue Einigung und der 
Kombinierte Ausschuß in der Praxis verhalten. 
Wir sind ganz Ihrer Ansicht, daß Liebknecht durch seinen Eifer, 
die Einigung zu erreichen, jeden Preis für sie zu zahlen, die ganze 
Sache verfahren hat. Man konnte dies für nötig halten, brauchte es 
aber dem andern Kontrahenten nicht zu sagen oder zu zeigen. Nach 
her muß dann ein Fehler immer den andern rechtfertigen. Nachdem 
der Einigungskongreß einmal auf fauler Grundlage ins Werk gesetzt 
und ausposaunt war, durfte er um keinen Preis scheitern, und so 
mußte man von neuem in wesentlichen Punkten klein beigeben. Sie 
haben ganz recht: diese Einigung trägt den Keim der Spaltung in 
sich, und ich will froh sein, wenn dann nur die unheilbaren Fana 
tiker abfallen, nicht aber auch ein ganzer, sonst tüchtiger und unter 
guter Schulung brauchbar zu machendfer Schwanz. Das wird ab- 
hängen von der Zeit, wann, und von den Umständen, unter denen 
dies Unvermeidliche eintritt.
	        
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