Full text: Kritik des Gothaer Programms

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Das geht denn doch über die Zensur, und ich begreife nicht, wie 
Vahlteich sich nur so etwas verbieten lassen konnte. Dabei die Un 
geschicklichkeit! Sie hätten eher da'ür sorgen sollen, daß die „Frank 
furter Zeitung" überall in Deutschland von den Unseren bedient 
würde! Endlich scheint mir das Verfahren der Lassalleanischen Mit 
glieder bei Gründung der Berliner Assoziationsdruckerei auch nicht 
sehr aufrichtig; nachdem bei der Leipziger Druckerei unsere Leute 
vertrauensselig den Ausschuß zum Aufsichtsrat ernannt, müssen 
die in Berlin erst dazu gezwungen werden. Doch kenne ich hier die 
Details nicht genau. 
Es ist indes gut, daß der Ausschuß wenig Tätigkeit entfaltet und 
sich, wie C. Hirsch sagt, der dieser Tage hier war, darauf beschränkt, 
als Korrespondenz- und Auskunftsbüro zu vegetieren. Jedes lebhafte 
Einschreiten seinerseits würde die Krisis nur beschleunigen, und das 
scheinen die Leute zu fühlen. 
Und welche Schwachheit, 3 Lassalleaner und 2 von Unseren in den 
Ausschuß zu akzeptieren! 1 
Alles in allem scheint man noch mit einem wenn auch starken 
blauen Auge davonzukommen. Hoffen wir, daß es dabei bleibt und 
inzwischen die Propaganda unter den Lassalleanern ihre Wirkung 
tut. Wenn die Sache bis zu den nächsten Reichstagswahlen vorhält, 
kann’s gut gehen. Aber da werden Stieber und Tessendorf ihr Bestes 
tun, und da wird auch die Zeit eintreten, wo man erst sehen wird, 
was man an Hasselmann und Hasenclever übernommen hat. 
Marx ist von Karlsbad ganz verändert zuruckgekommen, kräftig, 
frisch, munter und gesund, und kann sich nun bald wieder ernstlich 
an die Arbeit setzen. Er und ich grüßen Sie herzlich. Lassen Sie ge 
legentlich wieder von sich hören, wie es mit der Geschichte geht. 
Die Leipziger 2 sind alle zu tief dabei interessiert, als daß sie uns 
klaren Wein einschenken sollten, und die innere Parteigeschichte 
kommt gerade jetzt erst recht nicht an die Öffentlichkeit. 
Aufrichtigst 
Ihr F. E. 
Erstmalig veröffentlicht in der 
Zeitschrift „Die Gesellschaft“, 
Berlin 1927, Heft Nr. 8. * * 
1 Dem Ausschuß gehörten an: die Lassalleaner Hasenclever, Hartmann, De- 
rossi und die Eisenacher Geib und Auer. Die Red. 
* Die „Leipziger“, d. h. Liebknecht, Bebel und andere Mitglieder der Redak 
tion des Zentralorgans „Volksstaat“. Die Red.
	        
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