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Sonst hab ich Dir und Dietz alles zu Gefallen getan was Ihr ver
langt habt, und wie Du siehst, mehl , . .
Erstmalig veröffentlicht (mit Aus- Dein F E.
lassungcn) in der Zeitschrift „Die
Gesellschaft“, Berlin 1932, Heft
Nr. 5. Hier ergänzt nach der photo
graphischen Kopie des Originals.
BRIEF AN KARL KAUTSKY
Lieber Kautsky,
London, 5. Februar 1891.
Du glaubst, wir würden hier mit Briefen bombardiert wegen des
Marx-Artikels 1 —- ganz im Gegenteil, wir hören und sehen nichts.
Als Samstag 1 2 keine „Neue. Zeit" kam, dachte ich gleich, es sei
wieder etwas los. Sonntag kam Ede 3 und teilte mir Deinen Brief mit.
Ich dachte nun, der Unterdrückungsstreich sei doch noch gelungen.
Endlich kam Montag die Nummer und nach einiger Zeit entdeckte ich
auch den Abdruck im „Vorwärts" 4 .
Da die sozialistengesetzliche Maßregelung mißraten, war dieser
kühne Sprung das Beste, was die Leute tun konnten. Er hat aber
außerdem das Gute, daß er ein gut Stück der schwer überbrückbaren
Kluft ausfüllt, von der August 5 im ersten Schrecken spricht. Dieser
Schrecken war jedenfalls wesentlich begründet auf die Erwägung: was
werden die Gegner daraus machen? Indem man das Ding im amt
lichen Organ abdruckt, schneidet man der gegnerischen Ausbeutung
die Spitze ab, und stellt sich in Positur sagen zu können: seht, wie wir
uns selbst kritisieren — wir sind die einzige Partei, die sich das
erlauben kann; macht uns das einmal nach! Und das ist auch der
richtige Standpunkt, den die Leute hätten von vornherein einnehmen
sollen.
Eine Maßregelung gegen Dich wird damit auch schwer in Szene
zu setzen. Meine Bitte, das Ding eventuell an Adler zu schicken,
sollte einerseits auf Dietz drücken, anderseits aber auch Deine Ver
1 Gemeint ist die „Kritik des Gothaer Programms“. Die Red.
2 31. Januar 1891. Die Red.
a Eduard Bernstein, Die Eed.
4 Nr. 18 der Zeitschrift „Die Neue Zeit“, die Marx’ „Kritik“ enthielt, er
schien am 31. Januar 1891. Im „Vorwärts“ erfolgte der Abdruck in den Num
mern vom 1. und 3. Februar 1891. Die Red.
5 August Bebel. Die Eed.