50
BILDUNG EINER VERANTWORTLICHEN
ÖFFENTLICHEN MEINUNG
Fassen wir alle diese Ansätze zu einer neuartigen geistigen Ver
ständigung und Verantwortlichkeit zusammen, so ergibt sich ■fol
gendes. Der einzelne oder eine kleine Schicht im Volk kann nicht
mehr allein den gültigen Ausdruck für die ganze Masse finden,
die stumm bleibt und sich dem bedingungslos fügt, was geistig über
sie verhängt wird. Man bildet sich eine Meinung. Man spricht sie
aus. Man setzt sich geistig auseinander mit dem, was man gehört
hat. Die arbeitenden Schichten des Volkes, die Frauen und die
Jugend beginnen geistig frei zu werden und entfalten Kräfte, die
früher in Hörigkeit gehalten wurden.
Der Begriff „öffentliche Meinung“ m diesem vertieften und
umfangreichen Sinn des Wortes ist unsere größte geistige Hoff
nung. Eine Hoffnung und zugleich eine gewaltige erzieherische
Aufgabe. Handelt es sich doch bei der Bildung der öffentlichen
Meinung grundsätzlich um eine sprachliche Aktivierung jedes ein
zelnen Volksgenossen. Während also früher nur wenige Sprecher
einer im wesentlichen stummen Hörermasse gegenüberstanden und
von dieser auch bedingungslosen Gehorsam erwarten durften, wird
durch die Bildung der öffentlichen Meinung dieses Gehorsamsver
hältnis grundsätzlich erschwert. Ein öffentliches Gewissen er
wacht. Allgemeines Verantwortllchkeltsbewußtsem bildet sich. Die
Sprecher und Vertreter der öffentlichen Meinung dringen nur
durch, wenn sie eben wirklich Ausdruck für das finden, was die
Hörermasse geistig bewegt. Sie müssen es aussprechen in einer
Form, die Zustimmung findet. Der Glaube an die grundsätzliche
Verantwortlichkeit eines jeden ist vorhanden. Freilich ist damit