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und großen Anliegen der Rothaut dem Beherrscher des Him
mels übermittelt. Medizinmänner und Zauberer gibt es eine ganze
Anzahl, und sie verstehen es auch, durch ihre Zauberkünste den
Herzensangelegenheiten der Rothaut Förderung zu gewähren. Der
Indianer nimmt diese Hilfe oft in Anspruch.
Das ist schon ein Beweis dafür, daß die Stellung der Frau
bei den Indianern durchaus nicht so niedrig und untergeordnet
ist wie bei vielen anderen Völkern, die man als unkultiviert be
zeichnet. Nun hat aber gerade eine Dame, die sich lange bei
Indianern aufgehalten, Mrs. Eastman, das Los ihrer roten
Schwestern als geradezu unerträglich geschildert. Das Leben der
Indianerin sei eine lange Kette von Leiden und Unerträglich
keiten. Von der Geburt an zeige sich dies. Das Mädchen werde
schon von der Stunde seines Erscheinens auf der Welt an ver
achtet und zurückgestellt. Wenn es einen Bruder habe, so werde
ihm diese Zurückstellung sehr schwer und fühlbar Stunde für
Stunde vor Augen geführt. Der Knabe sei etwas, das Mädchen
Luft, denn in dem Knaben erblicke man den zukünftigen Helden,
den Stolz des ganzen Stammes, und man tue so, als ob er wirk
lich schon der kühne Krieger sei, der er doch erst werden solle.
Nun gibt Mrs. Eastman aber eine Periode der Ehren und des
Glanzes im Leben des Mädchens zu: die Zeit, in der ein Mann
sich um die Hand der jugendlichen Schönen bewerbe; aller
dings sei nur solange die Achtung und Hochschätzung vorhanden,
wie der Bewerber sich seines Erfolges nicht nur nicht sicher
fühle, sondern direkt daran zweifle, daß er überhaupt einen er
zielen werde. In dem Augenblick, in dem er sein Ziel erreicht,
also die Zusage erhalten oder gar das Mädchen als sein Weib
heimgeführt habe, höre jede Hochachtung auf. Die Frau sei
dann aus der heißumworbenen Göttin zur mißachteten Dienerin
geworden, und die harte Arbeit und rohe Behandlung ertöte auch
im Herzen der Frau jede schönere, reinere und edlere Regung.
Sie habe die ganze Last der Sorge für die Familie zu über
nehmen, gleichviel ob ihre Schultern stark genug seien, sie zu
tragen. Auf den Wanderungen sei sie das Lasttier; ihr werde
alles aufgepackt, was des Mitnehmens wert scheine, und wenn
am Abend Rast gehalten werde und alle sich ermattet auf das
Lager strecken, dann gebe es für sie doch keine Ruhe, denn sie
müsse dann erst Feuer anzünden und für den Mann die Speise
bereiten.