19
Die Textilindustrie, die mit am längsten und
schwersten unter der Absatzkrisis zu leiden gehabt batte, da nach dem
Frieden der französische Markt mit englischen Waren überschwemmt
worden war, die sich lange gegen die französischen Waren behaupten
konnten, war Anfang 1922 wieder mit größeren Aufträgen ver
sorgt, und man hofft auf eine weitere Belebung des Geschäftes
und eine Erhöhung des Beschäftigungsgrades. Man darf aber
nicht vergessen, daß schon durch das Hinzukommen der 32 000 Stühle
der elsässischen Baumwollindustrie eine Überproduktion aus dem
französischen Markt eingetreten ist, die aus 5—10% der gesamten
französischen Jahresproduktion berechnet wird und bei Absatz
schwierigkeiten eine Gefahr für die Spinnereien und Webereien
bedeutet. Jetzt macht sich dieser Überschuß vielleicht noch nicht
so fühlbar, weil große Mengen elsässischer Textilerzeugnisse augen
blicklich auf Grund des Art. 68 des Versailler Vertrags noch zoll
frei nach Deutschland eingeführt werden. Immerhin mußte in
der elsässischen Baumwollindustrie Ansang 1921 die Arbeitszeit
von 6 auf 5 Monate herabgesetzt werden. Der Staat ist aber ernst
lich bestrebt, den Absatz des auf 180 Millionen Franken bezifferten
Produktionsüberschusses nach dem Ausland möglichst zu fördern.
Er gab dem Oomptoir Cotonnier Frangais durch ein unverzinsliches
Darlehn von 5 Millionen Franken die Möglichkeit, sich zu einer
großzügigen Exportorganisanon auszubauen. Bezeichnend ist,
daß das Oomptoir keine Geschäfte nach den französischen Kolonien
machen darf, für die der Zolltarif des Mutterlandes gilt, wo also
die deutsche Konkurrenz so gut wie ausgeschlossen ist.
Auch Frankreich hat seine Arbeitslosen. Die Zahlen
der unterstützten Arbeitslosen sind folgende:
Januar 1921 50 000
Mürz 1921 54 177 (allein 41 129 im
April 1921 90 000 Departement
Juni 1921 70—80 000 Seine)
Juli 1921 34 000
August 1921 32 000
September 1921 . . . .. 17718
9. Dezember 1921 . . . . 11 277
16. Dezember 1921 . . . 10857
Die Arbeitslosen setzten sich vor allem aus Arbeitern der Textil-,
Metall- und Lederindustrie, öffentlichen Arbeitern und Handlangern
zusammen. Die geringe Höhe der vom Okkioe Central de la Main
d'oeuvres angegebenen Zahlen täuscht aber über die wirklichen
Verhältnisse, da die Statistik die teilweise feiernden Arbeiter und
die ganz feiernden aus den Bezirken, wo es keine ünterstützungs-
fonds gibt, nicht mitzählt. Stach einer Erklärung des Arbeits-
Ministers ist die wirkliche Zahl der vollständig feiernden Arbeiter
etwa die dreifache der offiziellen. Ferner darf man nicht vergessen,
2*