Full text: Quadragesimo anno

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Eigentum 
Um zum einzelnen überzugehen, so beginnen Wir mit dem Eigentum 
bzw. demEigentumsrecht. Es ist Euch erinnerlich, Ehrwürdige 
Brüder und geliebte Söhne, wie Leo XIII. sei. Angedenkens gegen den 
damaligen Sozialismus das Eigentum unerschrocken verteidigte, indem 
er dartat, wie die Abschaffung des Sondereigentums, 
statt der Arbeiterschaft zu nützen, ihr größtesUnglück sein würde. 
Da nichtsdestoweniger einige — gewiß sehr zu Unrecht! — Papst und 
Kirche verleumderisch der Begünstigung der besitzenden Kreise zum 
Nachteil der Enterbten bezichtigen, da ferner auch unter Katholiken 
einige Zweifel über die wirkliche und lautere Lehre Leos XIII. entstan 
den sind, so erachten Wir es für angezeigt, die Lehre des Papstes, die 
keine andere als die der Kirche ist, gegen solche Verleumdung in Schutz 
zu nehmen und gegenüber irriger Auslegung klarzustellen. 
Individual- und Sozialnatui 
Zunächst muß allem Streit entrückt sein: weder Leo nach die unter 
Leitung des kirchlichen Lehramtes wirkenden Theologen haben jemals 
die Doppelseitigkeit des Eigentums, d. i. seine indivi 
duelle und seine soziale, seine dem Einzelwohl und seine dem 
Gesamtwohl zugeordnete Seite verkannt oder in Zweifel gezogen. Im 
Gegenteil: einmütig lehren sie, das Sondereigentumsrecht sei von der 
Natur, ja vom Schöpfer selbst dem Menschen verliehen, einmal, damit 
jeder für sich und die Seinen sorgen könne, zum andernmal, damit 
mittels dieser Institution die vom Schöpfer der ganzen Menschheits 
familie gewidmeten Erdengüter diesen ihren Widmungszweck wirklich 
erfüllen: beides hat die Einhaltung einer festen und eindeutigen Ord 
nung zur unerläßlichen Voraussetzung. 
Zwei gefährlicheEinseitigkeiten sind daher mit Bedacht zu 
meiden: Auf der einen Seite führt die Leugnung oder Abschwächung 
der Sozialfunktion des Eigentumsrechtes zum Individualismus 
oder mindestens in seine Nähe; auf der anderen Seite treibt die Ver 
kennung oder Aushöhlung seiner Individualfunktion zumKollekti- 
v i s m u s oder läßt wenigstens dessen Standpunkt bedenklich streifen. 
Bleibt dies außer acht, so geht es auf abschüssiger Bahn reißend jenem 
moralischen, juridischen und sozialen Modernismus zu, auf den 
Wir schon im Rundschreiben zum Antritt Unseres Pontifikates warnend 
hingewiesen haben. Das sollen vor allem jene umstürzlerischen 
Geister sich merken, die ohne Scham der Kirche Schimpf antun 
durch die verleumderische Anklage, sie habe in die Lehre ihrer Theo 
logen einen angeblich heidnischen Eigentumsbegriff sich einschleichen 
lassen, der durch einen anderen zu ersetzen sei, dem sie in bemerkens 
werter Unwissenheit die Bezeichnung „christlich" beilegen. .
	        
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