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hielten Wir von neuem Gericht über den Kommunismus und Sozialis
mus und kamen zu der Feststellung, daß auch ihre gemilderten Rich
tungen vom Gesetz der Frohbotschaft weit abirren.
„Soll daher der menschlichen Gesellschalt geholfen werden", — das
sind Worte Unseres Vorgängers — „dann wird allein die Erneue
rung christlichen Lebens und christlicher Ein
richtungen helfen" (Rer. nov. n. 22). Sie allein kann der übertrie
benen Sorge um die vergänglichen Güter, die aller Übel Wurzel ist,
wirksam abhelfen; sie allein kann die Menschen, die wie gebannt auf
die Nichtigkeiten des diesseitigen Lebens starren, davon losreißen und
ihre Blicke wieder himmelwärts richten. Und wer möchte leugnen, daß
im Augenblick die menschliche Gesellschaft dieses Heilmittel am
meisten bedarf?
Hauptübel des heutigen Zustandes: das Verderben der Seelen
Die zeitlichen Wirrnisse, Verluste und Verwüstungen nehmen ja alle
Gemüter fast völlig in Anspruch. Und doch, wenn wir, wie gehörig, die
Dinge mit christlichen Augen anschauen, was bedeuten dann sie alle
zusammen gegenüber dem Verderben der Seelen? Nun können
aber die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der
Gegenwart ohne Übertreibung als derartig bezeichnet werden, daß sie
einer ungeheuer großen Zahl von Menschen es außerordentlich schwer
machen, das eine Notwendige, ihr ewiges Heil zu wirken.
Zum Hirten und Schützer dieser ganzen großen Herde vom obersten
Hirten bestellt, der sie mit seinem Blute erkauft hat, können Wir diese
ihre Gefährdung nicht teilnahmslos mitansehen. Nein, im Bewußtsein
Unseres Hirtenamtes sinnen wir unablässig darüber nach, wie Wir ihnen
Hilfe zu bringen vermögen, und rufen alle zur hingebenden
Mitarbeit auf, denen die Rechts - oder Liebespflicht
dazu obliegt. Denn was nützt es den Menschen, durch weisere
Nutzung der Erdengüter sich zu befähigen, die ganze Welt zu gewinnen,
wenn sie dabei Schaden leiden an ihren Seelen? Was nützt es, sie ver
läßliche Grundsätze über die Wirtschaft zu lehren, wenn sie in zügel
loser und schmutziger Gier so von der Selbstsucht sich beherrschen
lassen, daß sie „die Gebote Gottes zwar hören, aber in allem das Gegen
teil davon tun?" (Matth. 16, 26.)
Ursachen dieses Verlustes
Tiefste Ursache dieser Abkehr vom Gesetz Christi in Gesellschaft und
Wirtschaft und des daher rührenden Abfalls so großer Arbeitermassen
vom katholischen Glauben ist die ungeordnete Begierlichkeit
in der Menschenbrust, diese traurige Folge der Erbsünde. Durch die Erb
sünde ist ja die ursprüngliche wunderbare Harmonie der menschlichen
Anlagen so gestört, daß der Mensch allzu leicht seinen ungeordneten
Trieben unterliegt und die stärksten Lockungen verspürt, die hinfälligen