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Rcichsverstcherungsordnung.
HI. Wochenhilfe.
Vordem. I. Nach der RVO. (88 ISS bis 200) war die einzige Regel- (Pflicht-)
leiftung der Krankenkassen auf dem Gebiete der Wochenhilfe ein Wochengeld in Höhe
des Krankengeldes für die selbstversicherten Wöchnerinnen, das für 8 Wochen, für Mit
glieder von Landkrankcnkasfen für 4 bis 8 Wochen gewährt wurde._ Der Satzung war
die Einführung folgender Mehrleistungen überlassen: Hebammendienste und ärztliche
Geburtshilfe, die bei der Niederkunft erforderlich werden — Hebammendienste und ärzt
liche Behandlung, die bei Schwangerschaftbeschwerden erforderlich werden — bei Ar
beitsunfähigkeit infolge der Schwangerschaft ein Schwangerengeld in Höhe des Kranken
geldes bis zur Sefamtdauer von 6 Wochen — endlich während des Selbststillens ein
Stillgeld bis zur Höhe des halben Krankengeldes und bis zum Ablauf der 12. Woche
nach der Niederkunft. —• Versicherungsfreien Ehefrauen der Versicherten konnten durch
die Satzung die gleichen Leistungen zugebilligt werden.
II. Während des Krieges hat die Wochenhilfe eine völlige Neugestaltung
erfahren. Zunächst sind mit den anderen Mehrleistungen auch die der Wochenhilfe
durch 8 I des Ges. betr. Sicherung der Leistungsfähigkeit der Krankenkassen vom
4. VIII. 14 (Anhang II Nr. 14) aufgehoben worden, soweit nicht das Derficherungs-
amt auf Antrag des Kassenvorstandes ihre Weitergewährung verfügte. Die Not des
Krieges und die bedrängte Lage der Wöchnerinnen, insbesondere der Ehefrauen von
Kriegsteilnehmern, veranlaßte eine Ausdehnung der Wochenhilfe weit über ihren
früheren Personenkreis hinaus und führte zu einer wesentlichen Erweiterung ihrer
Leistungen. Zu ähnlichen Maßnahmen führte die Einführung des vaterländischen
Hilfsdienstes. Insgesamt ergingen die Bek.(en) v. 3. XII. 14 (RGBl. S. 492), v. 28.1.15
(Anhang II Nr. 17), v. 23. IV. 15 (RGBl. S. 257), v. 24. II. 17 (RGBl. S. 171),
v. 1. III. 17 (Anhang II Nr. 26), v. 6. VI. 17 (RGBl. S. 477), v. 6. VII. 17 (RGBl.
5. 591), v. 22. XI. 17 (Anhang II Nr. 29), v. 17. III. 18 (Anhang II Nr. 32), v. 14. XII. 18
(RGBl. S. 1434) und v. 21. XII. 18 (RGBl. S. 1467) und die 8§ 8, 9 des Ges. über
Wochenhilfe und Fürsorge in der Fassung der Bek. v. 22. V. 20 ■— Anhang II Nr. 51.
Ihre tatsächliche Bedeutung hatten die Vorschriften über Kriegswochenhilfe immer
mehr verloren, nachdem einerseits mit Beendigung des Kriegszustandes dem Reiche
„Kriegs-, Sanitäts- oder ähnliche Dienste" nicht mehr geleistet werden konnten, ander
seits die durch die Kriegswochenhilfeverordnungen ins Leben gerufene Wohlfahrts-
mahnahmen weiten Kreisen der Bevölkerung aud; ohne Rücksicht aus eine Teilnehmer-
schaft am Kriege gesichert worden waren. Art. IV des Ges. v. 29. VII. 21 — Anhang II
Nr. 54 — bestimmte daher:
„Für Entbindungsfälle, welche nach dem 30. September 1921 eintreten, kann
ein Anspruch auf Wochenhilfe auf Grund der besonderen Vorschriften der Bekannt
machung vom 3. Dezember 1914 (RGBl. S. 492), der 88 4, 5 der Bekanntmachung
vom 23. Januar 1915 (RGBl. S. 49), der Bekanntmachung vom 23. April 1915 (RGBl.
S. 257), der Nr. III der Verordnung vom 1. März 1917 (RGBl. S. 200), des 8 4
der Bekanntmachung vom 22. November 1917 (RGBl. S. 1085), der Verordnung
vom 21. Dezember 1918 (RGBl. S. 1467) und der 88 8, 9 des Gesetzes über Wochen
hilfe und Wochenfürsorge vom 26. September 1919/30. April 1920 in der Fassung der
Bekanntmachung vom 22. Mai 1920 (RGBl. S. 1069) nicht mehr geltend gemacht
werden.
Ist ein Anspruch auf Wochenhilfe auf Grund der genannten Vorschriften am
30. September 1921 bereits geltend gemacht worden, so ist über ihn im Verfahren
nach jenen Vorschriften zu entscheiden. Wird bei Entbindungsfällen, die bis zum 30. Sep
tember 1921 eingetreten sind, der Anspruch auf Grund der genannten Vorschriften
erst nach diesem Tage geltend gemacht, so sind dafür die Vorschriften über das Verfahren
bei der Wochenfürsorge (88 17ff. des Gesetzes vom 26. September 1919/30. April 1920)
maßgebend."
III. Wochenhilfe und Wochenfürsorge nach dem geltenden Recht.
Da nach der Beendigung des Krieges die allgemeine Notlage fortdauerte und die Kriegs
wochenhilfe sich im allgemeinen bewährt hatte, übernahm das aus der Mitte der National-
/cw'lfmV 11 ' 1111 ® hervorgegangene Ges. über Wochenhilfe und Wochenfürsorge v. 26. IX. 19
(RGBl. S. 1757) ihre Einrichtungen in die Friedenszeit. Bei seinem schnellen Zu
standekommen wies das Gesetz einige Mängel und Lücken auf, die durch das Ges.
betr. Änderung dieses Ges. v. 30. IV. 20 (RGBl. S. 853) beseitigt worden sind.