Sechstes Buch. Verfahren. § 1644—1663.
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§ 1655. Der Vorsitzende bestimmt die Verhandlungszeit und teilt sie den Par
teien mit.
Der Vorsitzende kann für die mündliche Verhandlung Zeugen und Sachverständige
laden und anderes anordnen, besonders auch das persönliche Erscheinen des Antrag
stellers.
§ 1656. Für die Reihenfolge, in der die Versicherungsvertreter zu den Verhand
lungen des Spruchausschusses zuzuziehen sind, gilt § 1603 entsprechend.
§ 1657. Der Vorsitzende kann in allen Sachen ohne mündliche Verhandlung eine
Vorentscheidung treffen. Dies gilt auch für den Fall, daß eine Beweisaufnahme statt
gefunden hat 1 ).
! ) Satz 2 ist durch A Art. VI Nr. 1 230. über Vereinfachungen in der Sozialversicherung
(Anhang I Nr. 64) hinzugefügt, um das Anwendungsgebiet der Vorentscheidung zu erweitern. Das
NVA. <AN. 1914 S. 499: 1915 S. 367) hatte nämlich nach einer Beweisaufnahme die Vorentscheidung
nicht mehr zugelassen.
8 1658. Gegen die Vorentscheidung kann entweder dasjenige Rechtsmittel,
welches gegen das Urteil zulässig wäre, eingelegt oder binnen der gleichen Frist der
Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden. Die Vorentscheidung muh hier
auf unter Angabe der Frist hinweisen. -
Minderjährige, die das sechzehnte Lebensjahr vollendet haben, können selbständig
den Antrag auf mündliche Verhandlung stellen.
Ist der Antrag auf mündliche Verhandlung verspätet gestellt, so wird er als
unzulässig verworfen.
8 165g. Ist von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, so findet die mündliche
Verhandlung statt.
Die Vorentscheidung steht für die Rechtsmittel und die Wiederaufnahme des
Verfahrens einem Urteil gleich, wenn mündliche Verhandlung nicht beantragt worden ist.
4. Mündliche Verhandlung.
8 1660. Vor dem Spruchausschusse des Versicherungsamts wird mündlich und
öffentlich verhandelt.
Die Öffentlichkeit kann aus Gründen des öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit
ausgeschlossen werden- der Beschluß ist öffentlich zu verkünden.
§ 1661. Der Vorsitzende entscheidet in öffentlicher mündlicher Verhandlung
allein über Leistungen der Krankenversicherung, wenn es sich handelt um
1. lediglich rechnerische Feststellung der Dauer und Höhe der Krankenhilfe,
2. Gewährung der Kcankenhauspflege an Stelle der Krankenhilfe,
3. Sterbegeld,
4. Leistungen deren Gesamtwert einen vom Reichsarbeitsminister festgesetzten
Betrag nicht übersteigt 1 ).
') Durch Art. LII Ges. v. 19. VII. 23 (Anhang I Ne. 61) ist die Festsetzung des Betrags dem Reichs-
arbeitsminister übertragen. Aus Grund der Ermächtigung ist ergangen die Zweite 930. über das
Verfahren vor Versicherungsbehörden v. 5. I. 24 (RGBl. I S. 24) ergangen, die lautet:
,.8 1- Der Gesamtwert der Leistungen, bis zu dem nach 8 1661 Nr. 4 der RVO. der Vorsitzende
allein entscheidet, wird aus 100 Goldmark festgesetzt.
Für die Ilmrechung der Neichswährung in Goldmark ist der am Tage des Eingangs des Antrags gül
tige vom Neichsminister der Finanzen bekanntgegebene Goldumrechnungssatz (8 2 der Durchführungs
bestimmungen zur Aufwertungsverordnung v. 13. X. 23, NGDl. I S. 951) matzgebend.
§ 2. Diese VO. tritt mit dem 15. I. 24 in Kraft."
§ 1662. Der Antragsteller kann selbst erscheinen oder, wie auch der Versicherungs-
rräger, sich vertreten lassen. Die erschienenen Parteien und Parteivertreter sind zu hören.
8 l66Z. Das VersicherungsaMt kann Bevollmächtigte und Beistände zurück
weisen^), die das Verhandeln vor Behörden geschäftsmäßig betreiben.
Dies gilt nicht für Rechtsanwälte und solche Personen, welchen das Verhandeln
vor Gericht gestattet ist (§ 157 der Zivilprozeßordnung), auch nicht für solche Personen,
welche zur geschäftsmäßigen Nechtsvertretung vor den Versicherungsämtern und Ober
versicherungsämtern zugelassen sind.