Zweites Buch. Krankenversicherung. § 171—175. 9^
Auf seinen Antrag wird ferner befreit, wer die Leistungen seiner Kasse
für die zulässige Höchstdauer bezogen hat und deshalb keinen Anspruch
mehr auf die Leistungen der Krankenhilfe seitens dieser Krankenkasse hat,
solange die Arbeitsunfähigkeit oder die Notwendigkeit der Heilbehandlung
während der Fortdauer derselben Krankheit besteht 2 ).
Über den Antrag auf Befreiung entscheidet das Versicherungsamt
(Beschlußausschuß) nach Anhörung des Kassenvorstandes. Die Befreiung
wirkt vom Eingang des Antrags an. Wird der Antrag abgelehnt, so ent
scheidet auf Beschwerde das Oberversicherungsamt endgültig.
*) § 6 930. v. 3. II. 19 (Anhang II Nr. 39) hat im Abs. 1 die Warte: „eine In
validenrente ...§ 1255 Abs. 2“ an Stelle von: „ans die Dauer nur zu einem geringen
Teile arbeitssähig ist" gesetzt und den jetzigen Abs. 3 neu hinzugefügt.
Befreiungen von der Versicherungspflicht auf Grund des 8 173 RVO. in der alte»
Fassung sind mit dem 29. VI. 19 erloschen, sofern die Befreiung bis dahin nicht von
neuem beantragt und bewilligt worden ist (§ 8 der 930. v. 3. II. 19).
Die schon bei der Beratung der RVO. lebhaft umstrittene Befreiung der nur noch
teilweise Arbeitsfähigen war in der Praxis vielfach mißbraucht worden. Namentlich
war (nach der Begründung) darüber geklagt worden, daß Knappschafts- und Betriebs-
krankenkafsen, um sich ungünstigen Risiken zu entziehen, oft Personen zur Stellung des
Befreiungsantrags gedrängt hätten, deren Gesundheitszustand nur unwesentlich beein
trächtigt war. Das Einspruchsrecht des Armenverbandes hätte sich nach den gemachten
Erfahrungen nicht immer als ausreichendes Mittel der Abhilfe bewährt. Die Befreiungs
möglichkeit ist daher aus solche Beschäftigte beschränkt, welche die Invalidenrente be
ziehen oder doch ihrer körperlichen Beschaffenheit nach bei Vorliegen der sonstigen Vor
aussetzungen beziehen könnten (zu vgl. § 1255 Abs. 2 91930.). Die Entscheidung über
den Antrag wurde der Krankenkasse abgenommen und dem Versicherungsamt als einer
unbeteiligten, amtlichen Stelle übertragen. Dementsprechend ist auch der Rechtszug
anderweit geregelt worden (§ 175).
-) Abs. 2 ist durch Art VI Ges. v. 19. VII. 23 (Anhang I Nr. 61) eingefügt worden.
Die Befreiung sog. Ausgesteuerter von der Krankenversicherungspflicht auf ihren
Antrag ist zugelassen, weil solche Personen keinen Anspruch auf Krankenhilfe haben,
solange die Arbeitsunfähigkeit oder die Notwendigkeit der Heilbehandlung während der
Fortdauer derselben Krankheit besteht (AN. 1929 S. 319).
8 174. Auf Antrag des Arbeitgebers werden von der Versicherungs-
Pflicht befreit
1. Lehrlinge aller Art, solange sie im Betrieb ihrer Eltern beschäftigt sind;
2. Personen, die bei Arbeitslosigkeit in Arbeiterkolonien J ) oder ähn
lichen Wohltätigkeitsanstalten vorübergehend beschäftigt werden.
*) Die Befreiung der Insassen einer Arbeiterkolonie von der Versicherungs
pflicht nach Nr. 2 umfaßt auch solche Kolonisten, die ausnahmsweise längere Zeit hin
durch beschäftigt werden (AN. 1923 S. 291).
§ 175 1 ). Über den Antrag auf Befreiung (§ 174) entscheidet der Kassen
vorstand. Die Befreiung wirkt vom Eingang des Antrags an.
Wird der Antrag abgelehnt, so entscheidet auf Beschwerde das Ver-
sicherungsamt endgültig.
x ) Durch § 7 der DO. über KV. v. 3. II. 19 (Anhang II Nr. 39) ist in Abs. 1
„(§ 174)“ an die Stelle von „(§§ 173, 174)“ im Hinblick auf den neuen Abs. 3 des § 173
gesetzt worden.
Über die Gründe, welche zur Übertragung der Entscheidung von
dem Kassenvorstand auf das Versicherungsamt geführt haben, vgl.
Anm. 1 Abs. 3 am Ende zu 8 173.
8 1761) 2) H. Versicherungsberechtigung.
1. Versicherungsfreie Beschäftigte der im 8 165 Abs. 1 bezeichneten Art,
2. Familienangehörige des Arbeitgebers, die ohne eigentliches Arbeits
verhältnis und ohne Entgelt in seinem Betriebe tätig sind,